Vor langer Zeit fragten Freunde von uns, ob wir im Oktober mit nach Marokko kommen wöllten. Wir lehnten ab, da wir zu dieser Zeit in Australien waren. Ein gehöriges Missverständnis, wie sich kurz darauf herausstellte: Die Freunde meinten den Oktober 2019.
Nun stehen wir in Marrakesch, um uns wuselt arabische Geschäftigkeit, gepaart mit afrikanischer Gelassenheit. Mit dem Rücken an der Wand, möchten wir möglichst noch einen Schritt zurückgehen, damit uns die Mopeds nicht über die Füße fahren. Ein Guide treibt uns durch die Innenstadt, die Sehenswürdigkeiten dort werden abgehakt. Unterwegs besuchen wir eine Frauenkooperative, in der allerlei Wundermittel hergestellt werden. An unserem Umsatz hat der Reiseführer offenbar einen guten Anteil, ebenso wie an der Verköstigung in einem Restaurant, wo wir am Ende des Rundganges landen.
Wir sind dieser Art des Reisens entwöhnt, fuhren wir die letzten vier Jahre meist allein durch die Welt. Allerdings hatten wir uns diesmal bewusst für die Gruppenreise entschieden, da wir einerseits die Mitreisenden kannten und es andererseits als gute Gelegenheit sahen, Marokko kennenzulernen. Nach dieser Reise wollen wir entscheiden, ob wir mit unserem Wohnmobil möglicherweise hierher zurückkehren.
Marrakesch lassen wir schnell hinter uns – ein Tag musste genügen. Gern hätten wir mehr von der Stadt gesehen, am Ende der Reise werden wir dafür noch etwas Zeit haben. Mit dem Bus trödeln wir nach Casablanca. Medi, unser Reiseleiter hält sich mit Informationen vornehm zurück. Als wir Marrakesch verlassen, fragt er ins Publikum, wo Marokko liegt, dann war für lange Zeit Funkstille. Auf unseren Navis orientieren wir uns über die zurückgelegte Strecke. Erwartungsgemäß kommen wir in Casablanca viel zu spät an. Während wir über das Gelände der Hassan II. Moschee eilen, verspüren wir Hunger. Zeit zum Essen bleibt nicht. Mit dem Bus trödeln weiter nach Rabat. Jörg spricht lange mit Medi und erklärt ihm, was wir von einem Reiseleiter erwarten. Daraufhin verliert der ein paar Sätze, bevor er zwei weitere Stunden vor sich hin schweigt.
Gegen Abend treffen wir in Rabat ein. Uns platzt fast die Blase, alle eilen zügigen Schrittes zur Toilette. Vorteil der späten Ankunft in der Hauptstadt Marokkos ist, dass wir die Sehenswürdigkeiten in der schönsten Abendsonne ablichten können. Später treffen wir Mustafa. Er ist einer der lokalen Guides, die zur Stadtführung in Rabat arrangiert werden. Im Gegensatz zu Medi ist Mustafa Reiseführer mit Leib und Seele. Er schwärmt von seinem Heimatland und beantwortet geduldig unsere Fragen zur Situation in Marokko. Mustafa führt uns nicht nur durch die malerische Altstadt von Rabat, sondern organisiert auch gleich noch ein gutes preiswertes Abendessen an der Waterfront. So gehen wir einigermaßen versöhnt mit dem Tag zu Bett.Am nächsten Morgen ist Medi verschwunden. Zwar deutete er an, dass eventuell ein neuer Reiseleiter kommen würde, aber Kommunikation mit der Gruppe war von Anfang an nicht seine Stärke. So tauchte er einfach ab. Noch während wir beim Frühstück sitzen, stellt sich Ajup vor. Er sei der neue Guide. Ajup spricht zwar kein Deutsch – die Reiseleitung kann allerdings nur noch besser werden.
Neben Marrakesch und Rabat steht der Besuch der beiden weiteren Königsstädte auf dem Programm. Alle gehören zum Weltkulturerbe. Im Schnelldurchlauf besichtigen wir Meknes. Inzwischen organisiert Ajup einen Platz zum Mittagessen. Am Nachmittag eilen wir durch die alte Römerstadt Volubilis, bevor wir nach Sonnenuntergang Fes erreichen. Spät stürzen wir uns ins Getümmel der Altstadt und werden in einem gemütlichen Restaurant fündig, um unseren Hunger zu stillen. Am nächsten Tag führt uns Farida durch die Medina von Fes. Wir lassen uns die aufwändige Herstellung von Mosaikverzierungen zeigen, besichtigen eine Gerberei und eine Weberei und werden in den jeweiligen Showräumen zum Kaufen animiert. Wer hier etwas braucht, muss handeln. Der Endpreis wird per Handschlag besiegelt und liegt nicht selten bei der Hälfte des ursprünglich angesetzten Betrages.
Am Abend erleben wir Gastronomie der besonderen Art.Im Kneipenviertel von Fes umringt uns zunächst ein Dutzend junge Männer, die uns erklären, dass ihr jeweiliges Restaurant das Beste sei. Nachdem wir uns für einen Essplatz im Hotel Cascade entschieden haben, sind wir vom Service schwer enttäuscht. Die Bedienung daraufhin angesprochen, erfahren wir, dass die nicht zum Spaß hier sind, sondern zum Arbeiten. Aha! Schlussendlich verrechnet man sich noch großzügig beim Bezahlen, natürlich zu Gunsten des Etablissements. Am Ende sind wir froh, in unser bestens ausgestattetes Hotel zurückkehren zu können und bei einem Absacker im Garten den lauen Sommerabend ausklingen zu lassen.
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