Von Lieblosem und Liebevollem

Und schon standen wir vor The Big Hole.

Zwei Tage hatten wir für Kimberley eingeplant. Alles, was wir über The Big Hole, den ehemals größten Diamantentagebau der Welt gelesen hatten, klang so vielversprechend, dass wir glaubten, ein größerer Umweg und ein längerer Aufenthalt dort seien gerechtfertigt. Die ersten Fragezeichen erscheinen auf unseren Gesichtern, als wir auf den völlig leeren Parkplatz des Geländes fahren. Gleich dahinter liegt der Big Hole Caravan Park – wir sind die einzigen Gäste. Nach einem ausgiebigen Lunch wollen wir die Lage peilen, damit unsere Erkundungstour am nächsten Tag effektiv gestaltet werden kann. Keine viertel Stunde später stehen wir vor dem Loch. Einige hundert Meter unter uns schillert ein grünlicher See, dahinter sehen wir die Silhouette der Stadt Kimberley. Das hatten wir uns gewaltiger vorgestellt. Andere sicherlich auch, denn durch das angrenzende Museumsdorf streifen nicht mehr als ein Dutzend Leute. Manche historische Häuser sind liebevoll hergerichtet, andere wiederum dienen als Abstellkammern für Gerümpel. Lustlos schauen uns die Kellner der Gaststätte an – keine Angst, wir wollen nicht einkehren…
Warum kommt keiner nach Kimberley? Wir suchen nach Erklärungen: Vielleicht weil der Ort abseits der touristischen Hauptrouten liegt oder vielleicht auch nur, weil gerade ein Feiertag ist. Wir wissen es noch nicht. Auf alle Fälle lassen wir Kimberley am nächsten Morgen hinter uns.
Vielleicht eine Antwort auf unsere Frage bekommen wir am nächsten Tag. Wir besuchen The Eye of Kuruman, die größte Quelle der südlichen Hemisphäre. Aus ihr strömen täglich 20 bis 30 Millionen Liter Wasser. Umgeben von einem lauschigen Park, der zum Picknick einlädt und wo man Webervögel beobachten kann…, so lasen wir im Reiseführer. Was wir vor Ort zu sehen bekommen animiert uns weder zum Picknick, noch zur Vogelbeobachtung. Zugewucherte Wege, kaputte Bänke und defekte Wegbeleuchtung hinterlassen bei uns einen lieblosen Eindruck. Ein halbes Dutzend Leute sind offenbar mit der Pflege des Parks betraut. Sie stützen sich auf ihre Gartengeräte und diskutieren lautstark, sicherlich nicht über die Beschaffenheit der Grünanlage. Einzig die Dame am Einlass zeigt sich interessiert, und kassiert umgerechnet rund einen Euro Eintritt für das verwahrloste Stück Erde. Zügig drehen wir von der Quelle wieder ab.

Strauß

Wollt Ihr rosa Strauße sehen? Christo grinst uns verschmitzt an. Wir hatten zwar am Vormittag bei unserer kleinen Wanderung durch das Red Sands Resort schon etliche, dort heimische Tiere gesehen, rosafarbene Strauße waren aber nicht dabei. Die Sache interessierte uns dann doch. Christo startet seinen Hilux, wir platzieren uns auf der Ladefläche und schon jagt er durchs Gelände. In einem Seitental der Farm zeigt er uns die ersten Tiere: Tatsächlich sehen wir Strauße mit hellbraunem Hals und rosa Gefieder. Aus welcher Mutation die Tiere entstanden sind, wollen wir wissen. Wieder grinst der junge Mann und lüftet das Geheimnis: Durch den hohen Eisengehalt im Boden ist der Sand der Steppe rötlich gefärbt. Und wie wir Menschen, nehmen auch die Tiere öfter ein Bad, das allerdings nicht im Wasser, sondern im Sand… Den Rest können wir uns selbst erklären, aber der Gag war gelungen. Schon bevor wir den Naturpark angesteuert hatten, sind wir an den größten Eisenerzminen Südafrikas vorbeigefahren.

Liebevoll war die Tafel zur Earth Hour auf dem Moon Rock angerichtet

Die Augrabies-Wasserfälle besuchten wir schon einmal vor zwei Jahren. Anders als damals, donnert heute wesentlich mehr Wasser in die Schlucht. Auch die frechen Affen haben sich augenscheinlich ordentlich vermehrt. Am Morgen liegt eine Kerze auf unserem Campingtisch. An ihr ist ein Zettel befestigt. Freundlich werden wir in dem Schreiben darauf hingewiesen, dass wegen der Earth Hour zwischen 20 und 21 Uhr im Camp der Strom abgeschaltet wird. Damit wir nicht im Dunkeln sitzen müssen, lädt man uns gleichzeitig zu einem Nachtausflug ein. Wir freuen uns, dass sich die Nationalparkverwaltung an der weltweiten Aktion für den Klimaschutz beteiligt und nehmen die Einladung gern an. Ziel ist der Moon Rock, ein glatter Felsen in Form einer Mondsichel. Schon von Weitem erstrahlt der Berg im Kerzenschein. Der Weg vom Parkplatz zum Gipfel ist mit Petroleumlampen gesäumt. Am höchsten Punkt ist für die Nachtwanderer ein Buffet mit einheimischen Speisen angerichtet. Ein Mädchenchor singt Lieder, anschließend werden die Sternbilder fachmännisch erklärt. Am Horizont erlöschen immer mehr Lampen, viele Leute sind dem Aufruf zum Energieabschalten gefolgt. Unter den Teilnehmern der nächtlichen Exkursion entspinnen sich nette Gespräche über Gott und die Welt. Auf der Rückfahrt entdecken wir im Busch noch einige nachtaktive Tiere. Als wir zum Camp zurückkommen, brennt das elektrische Licht wieder. Alle haben sich gefreut, wie liebevoll man eine nützliche Aktion umrahmen kann.

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