Vor Khorixas hatte man uns gewarnt. In diversen Reiseführern war nachzulesen, dass einige Zeitgenossen in dem Örtchen ihren Lebensunterhalt mit Reifenreparaturen verdienen. Dagegen ist an sich nichts einzuwenden. Wenn allerdings, wie im Ort beobachtet, bei der Arbeitsbeschaffung für die Reifenflicker nachgeholfen wird, sollte man auf der Hut sein. Wir mussten in Khorixas tanken und unsere Sinne waren geschärft: Bei der Einfahrt in die Tankstelle sollte jeder auf seiner Seite die Reifen im Auge behalten. Das ist nicht ganz einfach, da sich an der Zapfsäule unzählige Helferlein um das Auto versammeln. Und einer dieser Helferlein setzte dann sofort auch einen bedauernden Blick auf und wies auf unser Hinterrad, welches ordentlich Luft verlor. Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt: Natürlich kennt der Helfer einen Kumpel, der den Reifen sofort flickt. In der Hoffnung auf ein paar Dollar packen natürlich beim Radwechsel alle Helferlein mit an, und sei es mit mehr oder minder sinnigen Kommentaren… Zur Ehrenrettung von Khorixas sei gesagt, dass wir einmal mehr viel zu schwer unterwegs waren. In so einem Fall haben die kleinen, spitzen Steinchen auf den Schotterstraßen ein leichteres Spiel, sich in die Reifen zu bohren. Kurz vor unserer Abreise aus Swakopmund hatten wir in den Supermärkten alle die Dinge eingekauft, die es bei unserer Weiterreise in den Norden nicht mehr geben wird.
Die Reifenpanne hatten wir eigentlich schon am Brandbergmassiv erwartet. Die Zufahrt zum dortigen Camp war schlecht und Nerven aufreibend. Entschädigt wurden wir mit einem fantastischen Blick auf den 2573 Meter hohen Königstein, Namibias höchstem Berg. Im Restaurant des Ressorts wird jeder Gast vom Hauspapagei persönlich begrüßt und auch sofort wieder verabschiedet. Man muss lediglich der italienischen Sprache mächtig sein, um ihn zu verstehen. Von den Wüstenelefanten, mit denen die Einrichtung wirbt, sahen wir nur eine Staubwolke in der Ferne und Fußabdrücke im Sand. Beeindruckt hat uns die Ehrlichkeit der Mitarbeiter. Sehr lange nach dem Bezahlen bemerkte Jörg, dass ihm einhundert Dollar zu wenig Wechselgeld heraus gegeben wurde. Anstandslos haben die Leute an der Rezeption auch eine Stunde danach den Betrag noch erstattet.
Nach besagter Reifenpanne musste unser Nissan wenig später eine weitere Belastungsprobe über sich ergehen lassen. Zwei Steigungen mit ca. 30% Neigung forderten von der Maschine alles. Die Kupplung quittierte die Bergfahrt mit einem unangenehmen Geruch. Nach der Aktion standen wir auf einer Felsterrasse mit überwältigendem Ausblick auf das weite Trockenflußtal des Ugab. Dem herzlichen Empfang in der Lodge folgte eine ebenso herzliche Einladung zum Abendessen. Angesichts des angebotenen Transferservices zum Campingplatz im Tal konnten wir dem nicht wiederstehen. Den Besuch des bekannten Vingerclip Felsens verschoben wir auf den nächsten Tag. Hier steht von einem der Tafelberge steht nur noch eine Felsspitze.
Unsere Strecke nach Norden führte an mehreren Siedlungen der Hereros, einem alten afrikanischen Volksstamm vorbei. Wir machten kurzerhand halt und schauten den Frauen mit den bunten Kleidern und den stolzen Hüten bei der Arbeit zu. Nebenbei erfuhren wir einiges aus ihrem Leben: Ja – etwas Viehzucht könne man betreiben, die Böden sind jedoch schon sehr überweidet. Der Anbau von Nahrungsmitteln ist gar nicht möglich, in der Trockenheit gedeihen die Pflanzen nicht. So werden Fahrgemeinschaften gebildet, die einmal wöchentlich in einem klapprigen Auto einkaufen fahren. Nicht selten werden dabei Distanzen über 100 Kilometer zurückgelegt. So ließen wir auch gern unser letztes Brot bei den Leuten, denn ein größerer Markt lag noch auf unserem Weg.
Die Sorgen der Hereros haben die Stachelschweine bei Katrin nicht. Jeden Tag kocht die rührige Frau einen großen Pudding, der am Abend auf einer Betonplatte in ihrem Garten, zusammen mit Maiskörnern und Salat, platziert wird. Nun heißt es Geduld haben und warten. In der Dämmerung kommt das erste Stachelschwein angerannt und stürzt sich grunzend auf den Pudding. Nach und nach kommen über 20 Tiere aus allen Richtungen und fressen die Leibspeise restlos auf. Katrin hat heute einen guten Tag und serviert den Schweinen zum Nachtisch noch einen Eimer trocken Brot. Das Geschubse und Gedränge an der Futterstelle geht in die nächste Runde. Kein Schwein gönnt dem anderen auch nur einen Bissen. Ein großes Tier versucht fortwährend die Terrassentür zu öffnen. Es ist Klopfer, den Katrin mit der Nuckelflasche aufgezogen hat und nun versucht ihn auszuwildern. Heute darf Klopfer nochmal rein und bekommt eine extra Ration Brot.
Wir fahren weiter nach Kamanjab. Nebel kommt auf. Der schlägt sich aber weder an der Autoscheibe noch auf der Straße nieder. Kurz vor dem Ort beträgt die Sicht keine 200 Meter mehr. Als wir auf dem Campingplatz aussteigen, ist die Luft völlig trocken. Ein salziger Geschmack liegt auf den Lippen. Der straffe Nordost, der durch die Anlage bläst, löst das Rätsel: Die Etosha-Pfanne hat heute wieder einige Tonnen Salz und Staub verloren.