Flowerpower

Die Seebrücke von Busselton ist fast zwei Kilometer lang

Von Perth fahren wir auf dem Highway nach Süden. Rechts und links der Straße steht das Wasser in den Gräben. Die intensiven Regenfälle der letzten Wochen haben Straßenränder und Weiden komplett überflutet. Plötzlich stehen wir an einer Polizeikontrolle. Vor uns halten mehrere Autos. Der Polizist an der Straßensperre scheint etwas auszuteilen. Als wir an der Reihe sind, reicht er ein Blasröhrchen zum Alkoholtest durch das Fenster. Natürlich erwischt es in unserem Fall den Beifahrer. Schallendes Gelächter auf beiden Seiten, und dann muss Jörg doch pusten. Er ist stocknüchtern – für 14 Uhr eigentlich völlig normal.
Auf der Seebrücke von Busselton wollen wir uns die Beine vertreten. Hätten wir vorher gewusst, dass das imposante Bauwerk knapp zwei Kilometer ins Meer ragt, hätten wir einen Wandertag eingeplant. Auf der Brücke sprechen uns Leute an. Sie meinten, sie hätten unseren Camper schon in Fremantle gesehen. Unser Auto fällt auf und das deutsche Kennzeichen erst recht. Man interessiert sich für die Technik der Absetzkabine und fragt uns, warum es so etwas in Australien nicht gibt. Keine Ahnung, ist aber eine tolle Geschäftsidee.

Einen Tag mal richtig ungesund leben – das ist in Australien nicht einfach: Bier und Wein sind sehr teuer, Lebensmittel ebenso. Rauchen wollen wir deswegen nicht, also buchen wir eine Tour in die Weingüter der Umgebung von Margaret River. Die soll einen ganzen Tag dauern, Essen ist inclusive. Der Ausflug kostet nicht viel mehr, als wir sonst für einen Gaststättenbesuch ausgegeben hätten.
Gordon begrüßt uns herzlich im Bus. Als er erfährt, woher wir kommen uns was wir vorhaben, gibt er immer wieder nützliche Tipps für unsere weitere Reise. Zunächst bleibt jedoch der Bus mit Motorschaden auf der Strecke. Das Gefährt ist schnell getauscht und los geht es zum ersten Weingut. Neun Proben sind dort in einer halben Stunde zu vernichten – so oder ähnlich hatten wir uns Kampftrinken vorgestellt. Nach der 25. Weinprobe auf dem vierten Gut können wir die Sorten kaum noch unterscheiden. Zum Glück gab es zwischendurch einen ordentlichen Lunch. Krokodilhäppchen und Kängurufilet waren neu für uns. Der kurze Zwischenstopp an einer Käserei hilft erneut, den Weingeschmack zu neutralisieren. Und nach der letzten, sehr trockenen Weinprobe geht die Fahrt zur Schokoladenfabrik. Nach Herzenslust können wir uns hier durch Bitter, Vollmilch und weiße Schokolade „testen“. Beim abschließenden Besuch in einer Brauerei verzichtet Jörg sogar auf das Bier. Dafür kann er immerhin noch die Quizfrage richtig beantworten, wofür der Veranstalter zum Abschluss der Tour noch eine Flasche Wein spendiert. Es war ein richtig ungesunder Tag.

Die Seebrücke von Busselton ist fast zwei Kilometer lang

Wir fahren weiter zum südwestlichsten Punkt des australischen Festlandes. Der Leuchtturm am Cape Leeuwin wurde Ende des 19. Jahrhunderts erbaut, nachdem an den Riffen in der stürmischen See schon etliche Schiffe zerschellt waren. Das imposante Bauwerk ist mit seinen 56 Metern der dritthöchste Leuchtturm Australiens. Am Cape Leeuwin beginnt auch ein Wanderweg, der 135 Kilometer nordwärts zum Cape Naturaliste führt. Wir laufen den Cape to Cape Trail einige Kilometer und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Was die Natur hier für Formen und Farben geschaffen hat, ist einfach unglaublich. Ob die bizarren Kalksteine am Strand oder die Farbenvielfalt der Wildblumen – es ist ein Feuerwerk für die Sinne.
Später wandern wir am Blackwood River. Grasbäume ducken sich unter den gigantischen Karris, dazwischen blühen immer wieder Orchideen und Clematis. Mit uns zieht eine Herde Kängurus. Die Tiere springen immer einige Dutzend Meter voraus, um dann stehen zu bleiben und nach uns zu schauen. Es scheint, als wollen sie fragen, warum wir nicht mit ihnen hüpfen.
Wir fahren noch tiefer in die Jarrah- und Karriwälder von Australiens Südwesten. Einige der riesigen Bäume können bestiegen werden. Sie dienten früher als Wachplätze, von denen aus Buschfeuer frühzeitig erkannt werden sollten. Heute wird der Wachdienst mit Flugzeugen erledigt und Wagemutige können auf die Bäume steigen. Überlange Holzschrauben dienen als Stufen, rund 150 Stück führen in eine Höhe von knapp fünfzig Metern. In den Baumwipfel ist eine Plattform gebaut, von der man einen weiten Blick über den Urwald hat. Während Jörg noch überlegt, ob die Stufen sein Gewicht aushalten, ist Babsi schon fast oben. Am Ende siegt auch bei Jörg die Neugier.

Hier begann unsere Weintour

Inzwischen entledigen wir uns schon wieder einiger Dinge, die wir kürzlich erst verstaut haben. In Perth hatten wir das Visitor Center für die australische Westküste besucht. Damals verließen wir das Gebäude, wie einige Besucher die Leipziger Touristikmesse: Sämtliche Taschen waren mit Prospekten gefüllt. Nun werfen wir das Infomaterial sukzessive wieder in die Papiertonne. Die Informationen sind überall zu haben und direkt vor Ort bekommt man noch viel genauere Hinweise. Ebenso wie beim Einkauf im Supermarkt, müssen wir erst wieder lernen, ein afrikanisches Relikt abzulegen: Das Horten von Vorräten.

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