Da ist es wieder, das quietschende Geräusch aus dem Motorraum. Wir stehen kurz vor der botswanischen Grenze. Zurück nach Windhoek geht nicht mehr. Babsi muss heute Namibia verlassen. Uns bleibt nur noch die Flucht nach vorn. Mit gehöriger Geräuschkulisse fahren wir nach Maun. Jeder, wirklich jeder auf der Straße dreht sich nach unserem Wagen um, und das nicht wegen des deutschen Nummernschildes. Die Werkstatt in Maun befasst sich mit dem Problem. Ein paar Kilometer würde es schon noch gehen, aber niemand kann genau sagen, wann uns die Riemenscheiben an der Lichtmaschine um die Ohren fliegen. Bis zu den Victoria-Wasserfällen, unserem Etappenziel mit Gudrun und Martin, sind es noch knapp 700 Kilometer. Der Meister zuckt mit den Schultern. Wir fragen, ob wir den Nissan in Kasane reparieren lassen können. Schlimmstenfalls kann uns Martin dorthin schleppen. Dummerweise gibt es in Kasane keine Fachwerkstatt. Wir vertagen das Problem, wollen wir doch einige Zeit in Maun bleiben. In Livingstone an den Vic-Falls dächten wir im vergangenen Jahr eine Nissan-Werkstatt gesehen zu haben…
Zunächst verschaffen wir uns einen Überblick über das Okavango-Delta und zwar aus der Luft. Sicher steuert Graig die Cessna über riesige Wasserflächen. Auf kleinen Inseln lümmeln Krokodile im weißen Sand. Wir fliegen in einer Höhe von 150 Metern rund einhundert Kilometer in das Delta hinein. Eine Elefantenherde zieht gemächlich durch das überschwemmte Land. Ab und zu erfrischen sich die Tiere mit einer Rüsseldusche. In der Nachmittagssonne dösen einige Büffel vor sich hin. Das Ganze ist eine atemberaubende Szenerie. Leider vergeht die Flugstunde viel zu schnell.
Am nächsten Morgen mahnt uns Outi zur Eile. Heute wollen wir den Moremi Nationalpark auf dem Landweg erkunden. Bis dorthin ist wiederum eine Strecke von rund einhundert Kilometern zurückzulegen. Outi möchte das in zwei Stunden erledigt haben, und so fährt er auch. Gnadenlos drischt er den Landy über die Piste, nichts für Leute mit schwachen Nerven oder einem Bandscheibenvorfall. Nicht nur einmal haben wir den Eindruck, das Gefährt würde jeden Moment umkippen. Mit regungsloser Miene steuert unser Fahrer in die nächste Kurve… Eine große Elefantenherde kreuzt mit eiligen Schritten die Piste. Die Tiere haben Durst und laufen zum Wasser. Der größte Bulle kommt auf uns zu und trompetet aufgeregt. Uns stockt der Atem. Als alle Tiere passiert haben, schließt er sich der Herde an. Bald verlässt Outi die Piste und steuert den Landy quer durch den Busch. In der Luft kreisen zahlreiche Geier. Wo Geier sind, ist Aas, und wo Aas ist, sind möglicherweise Raubtiere zu finden. Wenig später grinst uns ein Löwenpärchen an, das sich offensichtlich gerade auf ein Schäferstündchen einstimmt.
In ähnlich rasanter Fahrt geht es am nächsten Morgen zum Flussufer des Okavango. Schon bald erreichen wir die Anlegestelle, wo unsere Mokoro-Tour beginnt. Mokoros sind traditionelle Einbäume, die mit Hilfe eines Stockes durch das flache Wasser getrieben werden. Früher wurden die Boote aus Holz gefertigt. Dafür musste für jedes Gefährt ein kompletter, hundert Jahre alter Baum fallen. Heute wird die Tradition mit Fahrzeugen aus Fieberglas gewahrt, nur selten sieht man noch ein Holzboot. Lautlos gleiten wir durchs Wasser. Unsere Bootsleute steuern die Einbäume abseits der Kanäle durch die überschwemmten Wiesen. Plötzlich stürmt ein Flusspferd durch das flache Wasser. Offensichtlich hat es einen Bullen beim Fressen gestört. Nun wird das Hippo von dem gehörnten Rindvieh durch die geflutete Landschaft gejagt. Wir sind erstaunt, welche enormen Geschwindigkeiten die beiden schweren Tiere erreichen. Mühsam rettet sich das Flusspferd in tieferes Wasser.
Inzwischen erreicht uns eine Nachricht von der sambischen Nissan-Vertretung. Man teilt uns mit, dass es in Livingstone leider keine Fachwerkstatt dieser Marke gäbe. Zur nächsten Werkstatt nach Lusaka wären damit noch über eintausend Kilometer mit der defekten Riemenscheibe zurückzulegen. Schweren Herzens beschließen wir, uns von Gudrun und Martin zu trennen und die notwendige Reparatur in Maun durchführen zu lassen. Wir bestellen die Teile, geliefert wird in einer Woche. Drei Tage davon verbringen wir noch gemeinsam. Wir besuchen die Nxai Pan mit ihren gigantischen Baobab Bäumen. Die über tausend Jahre alten Pflanzen stehen auf einer kleinen Insel inmitten der weißen Salzpfanne. Tiefblauer Himmel und gelbes Steppengras vervollständigen das Naturerlebnis.
Unsere Freunde fahren nun weiter zu den Victoria-Wasserfällen, wir kehren nach Maun zurück. In einer Woche wollen wir uns nochmal treffen, wenn wir ihnen mit einem hoffentlich fitten Nissan folgen werden.