Der Verkäufer im Telefonladen grinst über das ganze Gesicht. Heute macht er seinen Deal der Woche: Zwei Telefonkarten und jede Menge Airtime gehen über die Theke. Der Grund ist schnell erklärt: Wir haben Besuch aus Deutschland. Es sind Jörgs Schulfreunde und die brauchen natürlich das Equipment, um auch im namibischen Netz up to date zu sein.
Unser erster gemeinsamer Besuch auf dem Supermarkt endet dagegen auf der Polizeiwache in Windhoek. Ausgerechnet uns, den erfahrensten Afrikareisenden aus unserer kleinen Gruppe hat man auf dem Parkplatz des Marktes die Seitenscheibe am Wagen eingeschlagen. Die Diebe haben etliche Dinge mitgehen lassen, sodass wir nun wieder viel Platz auf unseren Rücksitzbänken haben. Gelangweilt nimmt der Officer die Diebstahlanzeige auf. Die Niederschrift des Geschehens wird immer schneller, je mehr sich der Zeiger der 14-Uhr-Marke nähert, dann nämlich hat der Polizist Feierabend. Nach einer knappen halben Überstunde erfolgt die finale Begutachtung des Schadens. Wenig später ziert eine große Plastetüte die Stelle in der Autotür, wo früher eine Glasscheibe war. Da wir am Sonntagnachmittag nicht mehr viel ausrichten können beschließen wir, gemeinsam mit unseren Freunden das erstes Ziel anzusteuern. Auf der Landstraße gen Norden erzeugt das Flattern der Plastetüte ohrenbetäubenden Lärm, sodass wir unser „Ersatzglas“ bald wieder herunterkurbeln. Nun zieht der kühle Abendwind ins Fahrerhaus, hinzu kommt jeder Menge Staub von entgegenkommenden Fahrzeugen. Im letzten Tageslicht erreichen wir unseren Campingplatz im Erindi Naturreservat.
Aufmerksam verfolgt Erwin die Spuren im Sand. Es sind Löwentatzen, und unser Guide hat den Ehrgeiz, die Tiere zu finden. Die Fährte führt weg von der Straße. Erwin steuert den Toyota direkt in den Busch. Barbara entdeckt als Erste die Katze. Schnell sind die Kameras schussbereit. Bis auf wenige Meter lenkt unser Guide das Fahrzeug an den Löwen heran. Der ist völlig unbeeindruckt. Er interessiert sich vielmehr für ein zweites Tier, welches wir im Busch noch gar nicht entdeckt haben. Majestätisch schreiten die beiden Leus aufeinander zu und begrüßen sich mit intensiven Beschnuppern. Nach kurzer Rast im Busch brechen beide Tiere auf. Über eine Stunde ziehen sie durch die Savanne, bis sie in einem dichten Wald verschwinden. Dort werden sie sich einen ruhigen Schlafplatz suchen. Überhaupt ist die erste Berührung unserer Freunde mit Afrikas Tierwelt recht intensiv. Schon am ersten Tag sehen wir Flusspferde, Krokodile, Elefanten, Giraffen und jede Menge Antilopen. Eine Herde Affen kreuzt den Weg. Lässig lehnt einer von ihnen am Baum und grinst uns scheinbar an, gerade als wolle er uns sagen: Wenn ihr wüsstet, was wir so alles draufhaben.
Weniger erfolgreich gestaltet sich die Suche nach einer Ersatzscheibe für den Nissan. Nach etlichen Telefonaten erfahren wir, dass die Scheibe in Windhoek zwar erhältlich ist, diese jedoch vorher bestellt werden müsse. Um den Bestellvorgang auszulösen müssten wir 50 % des Preises in bar oder per Überweisung anzahlen. Wir überlegen kurz, ob es sich lohnt wegen der Anzahlung in die Hauptstadt zurück zu fahren. Babsi telefoniert mit Janet von „unserer“ Farm. Sie würde die Überweisung übernehmen und vorauslegen, wenn sie die entsprechenden Daten von der Glaserei bekäme. Danke liebe Janet, wir haben die Mail von der Firma bis heute nicht erhalten.
Die zündende Idee hat Henrik von unserer kleinen Reisegruppe: Nimm Plexiglas und schneide es Dir zurecht, meint er. In Otjivarongo erwerben wir einen Plexiglasrohling. Fast nebenbei lassen wir beim dortigen Nissanservice noch die Kraftstoffzufuhr prüfen, da seit Kurzem eine gelbe Warnleuchte im Armaturenbrett einen Fehler anzeigt. Schnell ist das Wasser aus dem Dieselfilter abgelassen und die gelbe Lampe erloschen. In Tsumeb können wir in einer Werkstatt den Glasrohling zuschneiden und einsetzen lassen – und siehe da – ein völlig neues Fahrgefühl. Die Eingangstür ist nun sicher; es zieht nicht mehr, und man kann sich im Fahrerhaus wieder unterhalten. Hoffentlich vergessen wir in Windhoek nicht, eine neue Scheibe zu bestellen.
Da wir Reifenpannen auf namibischen Pads inzwischen abonniert haben dachten wir, es trifft uns als Erste in unserer kleinen Reisegruppe. Gerade beobachten wir die ersten Tiere am Wasserloch in Okaukuejo, als der Anruf von Steffen kommt. Er stünde mit einem Platten irgendwo in den Weiten des Etosha und Jörg hätte die Chance, seinen neu erworbenen Kompressor auszuprobieren, der Alte war ja gestohlen. Er müsse nur zur Stelle der Havarie eilen. Natürlich eilt Jörg und trifft unterwegs auf Henrik. Zum Test des Kompressors kommt es nicht, schneller ist das Rad gewechselt. Argwöhnisch beobachten die Parkranger unser Tun. Sie geben uns den Tipp, auf Löwen zu achten. Machen wir doch! So viel Hunger haben die Tiere dann doch nicht, als dass wir welche gesehen hätten. Steffens Reifen bekommt in der Werkstatt das Todesurteil. Man muss befürchten, dass der Pneu an den vielen dünnen Stellen jederzeit wieder kaputtgeht. Auf den Schreck öffnet sich Steffen entgegen seinen Gewohnheiten heute Abend eine zweite Flasche Bier.