Stürmische Zeiten

die Blaue Stunde kaum noch zu toppen

„Fahren Sie weiter geradeaus“, klingt es aus Steffens Hosentasche, als er zur Toilette abbiegt. Es ist ein gut gemeinter Hinweis von seinem Navi. Unseren Einbruchdiebstahl noch vor Augen, werden nun bei jeder Rast die elektronischen Geräte aus dem Fahrerhaus entfernt. Nach der Kaffeepause in Betta nehmen wir die D707 unter die Räder. Einmal mehr wollen wir unseren Freunden die schönsten Landstriche von Namibia zeigen. Allerdings weht aus der Namib-Wüste ein heftiger Sandsturm. Dadurch werden leider auch die Tirasberge auf der anderen Seite der Straße in feinen Dunst gehüllt. Das Landschaftserlebnis hält sich in Grenzen. Schnell ist die 707 bei unseren Freunden abgehakt. Wir haben die letzte Reifenpanne auf der Piste noch in guter Erinnerung, sodass wir die Strecke sehr langsam fahren. Diesmal geht es ohne Schaden ab.

Unser nächtliches Domizil ist die Geisterschlucht von Klein-Aus Vista. Hier gibt es eine gemütliche Hütte, die uns bei den kalten Temperaturen gerade recht kommt. Schnell ist der Kamin angeheizt, der zumindest in der unmittelbaren Umgebung des Feuers einen Hauch von Wärme verbreitet. Das wissen auch die Geister der Schlucht zu schätzen, die alsbald in Person von gut genährten Mäusen auftauchen. Eine kleine Unachtsamkeit und schon haben die Tiere eine Scheibe Brot auf dem Küchentisch geentert. Furchtlos lassen sie es sich schmecken. Erst als wir einiges Brot außerhalb des Gebäudes deponieren sind die Plagegeister verschwunden. In den liebevoll eingerichteten Zimmern der Hütte mag keiner von uns übernachten. Wir sind froh, dass wir uns in die Wohnmobile verkriechen können.

Endstation Sanddüne

Enjoy the wind! Grinsend empfängt uns der Kassierer auf dem Campingplatz von Lüderitz. Er ist Stürme gewöhnt, und er kennt auch die Felsecken, wo die Geldscheine ihren Besitzer wechseln können, ohne gleich auf den Atlantik hinausgeweht zu werden. Nach der Bezahlung verabschiedet sich der freundliche Mann mit einem heißen Tipp für einen windgeschützten Stellplatz. Zumindest hat man dort nicht gleich den Eindruck, dass das Wohnmobil jeden Moment umkippt.

Der Besuch von Kolmanskuppe fällt kurz aus. Zu sehr faucht der Wind in die offenen Ruinen. Unsere weitere Tour führt zum Orange River. Nach einer abwechslungsreichen Fahrt durch das Flusstal erleben wir im Camp eindrucksvoll, wie sich die deutsche Nationalmannschaft selbst aus der Europameisterschaft kickt.

fantastischer Sonnenuntergang in der Namib

Eine Namibia-Rundreise ohne Reifenpanne. Der Gedanke war kaum zu Ende gebracht, als zwei Straußenvögel kurz vor unserem Nissan die Piste überqueren. Da wir heute Abend keinen Appetit auf Kalahari Chicken haben und auch die Kühlschränke gut gefüllt sind, leitet Jörg eine Vollbremsung ein. Meterweit rutscht der Nissan über die spitzen Steine der Schotterstraße. Erschrocken lüften die Vögel ihr staubiges Federkleid und verschwinden im Gebüsch. Erleichtert fahren wir weiter. Einige Zeit später signalisiert unser TireMoni Druckverlust auf einem Hinterrad. Wir erhöhen die Geschwindigkeit, um die wenigen Kilometer bis zum Canyon Roadhouse noch zu schaffen. Dort ist der kleine Stein, der sich in die Reifendecke gebohrt hat, schnell gefunden. John zeigt uns jedoch noch eine andere Stelle im Pneu, an der die Gummidecke großflächig fehlt. Die hatte es bei der Vollbremsung offensichtlich abgerissen. Nun genügt nur noch ein kleiner Schlag an das frei liegende Textilgewebe, um den Reifen komplett zum Platzen zu bringen. Notdürftig repariert John das kleine Loch und wir verbauen das Ersatzrad. Mit mulmigem Gefühl starten wir am nächsten Morgen auf die 150 Kilometer lange Strecke nach Keetmanshoop. Exakt die Hälfte der Distanz hält der Ersatzreifen, dann ist auch der platt. Uns sitzt die Zeit im Nacken. Es ist Samstag und die Werkstätten schließen um 13 Uhr. Wenn wir es bis dahin nicht in die Stadt schaffen, sitzen wir das gesamte Wochenende fest. Um an unseren zweiten Ersatzreifen zu gelangen, müssten wir vorher die Wohnkabine absetzen… Wir entscheiden uns für den Reifen, an dem das Gummiprofil fehlt, der aber die Luft noch hält. Schnell sind die Räder gewechselt, sehr langsam geht die Fahrt weiter. Erstes Aufatmen, als wir die Teerstraße erreichen, zweites Aufatmen, als um halb eins die Tore der Werkstatt noch offenstehen und drittes Aufatmen, als der Meister sagt, es seien zwei Reifen vorrätig. Hochzufrieden mit dem schnellen Geschäft kurz vor dem Wochenende führt uns der Chef des Hauses zu seiner Tombola. Hier heißt es, einen Luftballon zum Platzen zu bringen, um den darin verborgenen Gewinn abzusahnen. Jörg schafft sich mit der Bemerkung, dass Reifen schneller kaputtgehen als das Ding dort an der Wand. Schließlich vollendet Manu aus unserer kleinen Reisegruppe das Werk und wir dürfen eine nagelneue Waschtasche mitnehmen. Trifft sich gut, denn die Alte hatte man uns vor wenigen Tagen geklaut.

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