Als wir unser Wohnmobil in Hahndorf abstellen, sprechen uns einige Touristen aus Deutschland an. Sie wollen wissen, ob der Gag mit dem deutschen Auto vom Besucherzentrum organisiert wird. Wir schauen etwas verdutzt und wissen nicht so recht, was die Leute meinen. Später, als wir durch den Ort schlendern, wird einiges klarer. Hahndorf ist der wohl deutscheste Platz in ganz Australien. Der Name des Städtchens geht auf den Kapitän Dirk Meinerts Hahn zurück. Er brachte 1838 deutsche Immigranten nach Australien und half ihnen an dieser Stelle beim Landkauf. Geht man durch den Ort, findet man auf Schritt und Tritt Geschäfte mit deutschen Produkten. Die sind hier in Australien alle ein wenig teurer als in der Heimat, aber es gibt fast nichts, was es nicht gibt. Erzgebirgische Weihnachtsschnitzereien und Dresdner Christkindlstollen gehen in diesen Tagen besonders gut. Beim Anblick der Preise wischen wir uns den Schweiß von der Stirn. Da ist jeder noch so teure Stollen in Deutschland das blanke Schnäppchen. Im German Arms gibt es Münchener Bier. Vom kleinen Glas bis zur Maß ist alles erhältlich. Wir entscheiden uns für einen halben Liter. Als der Barkeeper den Preis nennt, meint Jörg, dass er nicht die Gaststätte kaufen wolle, sondern nur zwei Bier. Später löschen wir unseren großen Durst mit Wasser.
Dass es in Australien Quarantänekontrollen gibt, wissen wir. Die sind an den Grenzen zwischen den Bundesländern angesiedelt und sollen die Ausbreitung von Fruchtfliegen verhindern. Rein praktisch darf man kein frisches Obst und Gemüse über diese Kontrollstellen transportieren. Hat man doch etwas dabei, kann man es an Ort und Stelle verzehren, oder die Früchte wandern in eine große Mülltonne. Um dieses Wissens erledigen wir die Einkäufe der vitaminreichen Kost so, dass beim Überqueren der Grenzen möglichst nichts übrig ist. Als wir einem unserer abendlichen Etappenziele entgegenfahren, lässt uns mitten im Land der Hinweis auf eine Quarantänestation erstarren. Unsere Obst- und Gemüsevorräte hatten wir gerade aufgefüllt. Nun sollten wir die teure Nahrung vier Kilometer weiter in die Tonne werfen. Nach einer jähen Bremsung beraten wir uns. Wenigstens wollen wir einen Teil des Gemüses noch verwerten und für den Rest in Ruhe ein Versteck suchen. Wir kehren um. Der nächste Caravanpark, den wir ansteuern, ist überfüllt. In der Nähe werden uns zwei Buschcamps empfohlen, die am Wochenende jedoch etwas laut sein könnten. Es ist Samstag, und als wir ankommen sind die Partys bereits in vollem Gange. Am nächsten Morgen stehen wir wie gerädert auf. Äpfel, Möhren und Paprikas verschwinden im Badschrank, die Bananen landen auf dem Frühstückstisch. Gespannt fahren wir die 30 Kilometer zurück und erwarten die gestrengen Kontrolleure. Als wir den Kontrollpunkt passieren, steht dort außer einer Mülltonne und einem Schild nichts. „Danke für Ihren Stopp“, steht da geschrieben, wir halten natürlich nicht. Stattdessen ärgern wir uns über 60 Kilometer Umweg und eine schlaflose Nacht.
Wenig später bemerkt Jörg, dass das Bonbonfach im Auto aufgefüllt ist. Er wundert sich, hatten wir doch in letzter Zeit keine Süßigkeiten gekauft. Zudem liegen dort verschiedene Sorten, die er in Australien noch nicht gesehen hat. Langsam kommt die Erinnerung, gab es doch die Bonbons oft in afrikanischen Restaurants zusammen mit der Rechnung. Babsi schmunzelt und meint, dass sie letztens ihre Handtasche aufgeräumt hat. Bei der Gelegenheit fanden sich noch einige Knabbereien afrikanischen Ursprungs. Was lehrt uns die Geschichte? In einer Damenhandtasche blickt auch die australische Quarantäne nicht immer durch.
Wir verlassen den direkten Weg nach Melbourne und fahren am Murray River entlang. Uns steht der Sinn nach einer schönen Paddeltour auf dem zweitlängsten Strom Australiens. Vor allem in der Gegend um Swan Reach säumen tieforange leuchtende Felswände das Flussufer. Das wollen wir uns anschauen. Einige Ausflugsdampfer fahren dort vorbei, erklärte man uns, aber noch besser wäre, ein Hausboot zu mieten und gemütlich auf dem Fluss entlang zu schippern. Paddelboote hat man keine. Erst bei Renmark werden wir fündig. Dass die Vermieter Ruth und Jim vom Fach sind, merkt man sofort. Neben einer ordentlich einlaminierten Streckenbeschreibung bekommt man auch wasserdichte Säcke, eine Ausrüstung für die Buschtoilette, leichte Fiberglaspaddel und selbstverständlich ein ordentliches Kanu. Schließlich ist Ruth den Murray River selbst schon von der Quelle bis zur Mündung hinuntergepaddelt. Um den Toilettenbeutel nicht zu sehr zu strapazieren, geht Babsi vor der Tour nochmal zum stillen Örtchen. Kreidebleich kommt sie von dort zurück. Im Klo war sie nicht allein, wartete doch im Becken bereits eine ausgewachsene Braunschlange auf den nächsten Anschiss. Als der nicht erfolgte, tauchte das Tier kurzerhand durch‘s Knie ab. Zurück blieb Babsi, zur Salzsäule erstarrt. Sie wird diesen Toilettengang nicht so schnell vergessen.