Es war noch sehr weit weg, als im Januar die ersten Berichte vom neuartigen Virus SARS-CoV-2 in China auftauchten. Irgendjemand hatte sich von einem Tier angesteckt – das kann schon mal passieren, dachte man hier. Auch die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus dem chinesischen Seuchengebiet hatten wir noch als eine von vielen Aktionen betrachtet, die gerade auf der Welt passieren. Außer dieser Geschichte gab es ja zu dieser Zeit auf unserem Planeten noch ganz andere Brennpunkte. Noch immer war der Ernst der Lage hier in Europa und auch anderswo nicht begriffen. Im Gegenteil – nach und nach tauchten in Chats Karikaturen auf, die zum Schmunzeln veranlassten. Mit der Karnevalszeit war das neuartige Corona-Virus auch endgültig in Deutschland angekommen und verbreitete sich im närrischen Treiben mit rasanter Geschwindigkeit. Allerdings war uns wohl auch zu dieser Zeit noch nicht klar, dass SARS-CoV-2 über kurz oder lang unser aller Leben tiefgreifend verändern würde. Noch erschreckender ist es zu beobachten, in welch kurzer Zeit das geschieht.
Ende Februar gab es in Österreich lediglich drei Infizierte. Als wir zu dieser Zeit nach Kärnten in den Winterurlaub aufbrachen, hätten wir nie zu träumen gewagt, dass kurze Zeit später in dem Land das gesamte öffentliche Leben still steht. Belustigt nahmen wir noch die 5kg-Packungen Nudeln im Supermarkt zur Kenntnis, als in Deutschland schon die Hamsterkäufe einsetzten.
Ein etwas mulmiges Gefühl kam dann doch bei uns auf, als sich im Nachbarland Italien die Covid-19-Fälle rasant häuften. Skeptisch schauten wir auf die vielen Italiener, die aus dem Nachbarland in die Skigebiete nach Kärnten strömten. In Norditalien stand zu dieser Zeit das öffentliche Leben schon weitestgehend still – die Leute hatten Zeit und durften noch reisen.
Inzwischen hat sich die Situation grundlegend verändert. Das SARS-CoV-2-Virus breitet sich in Europa rasant aus, und wir wundern uns, wie sorglos und zögerlich hier manche Ämter und Behörden mit der Gefahr umgehen – da reagiert die Börse wesentlich schneller.
So kehrte beispielsweise eine Bekannte aus dem Winterurlaub aus Südtirol zurück. Da der Landstrich zu dieser Zeit schon als Hochrisikogebiet eingestuft war, informierte sich die Frau pflichtbewusst beim Hausarzt und Gesundheitsamt, ob es Einschränkungen für sie gäbe. Kein Problem, hieß es von dort unisono – sie könne sich frei bewegen… Bis wenige Tage danach erste Symptome auftauchten, die einer Covid -19- Infektion stark ähnelten. Immerhin war die Bekannte bis dahin schon drei Tage uneingeschränkt unter Menschen, die alle hätten angesteckt werden können.
Logischerweise begab sich die Frau sofort in ärztliche Behandlung und ließ sich auf das neuartige Corona-Virus testen. Für uns selbst brachen unsichere Zeiten an, wussten wir doch nicht, ob sie infiziert war. Über 30 Stunden dauerte die Zitterpartie, bis Entwarnung kam. Unglaublich lange, wenn man sich überlegt, wie weit die Infektionskette in dieser Zeit hätte fortgeschritten sein können. Derweil verkündete unser Stadtoberhaupt, die Lage sei vollkommen im Griff, wenn man sich an die von der Stadt erlassenen Vorschriften halte, die kaum einer erfüllen kann.
Mittlerweile schwant uns Schlimmes. Wenn man so lange Zeit braucht, um eine gesicherte Diagnose zu stellen, und wenn keine konsequenten Maßnahmen getroffen werden, die die Ausbreitung des Virus verhindern, richten wir uns auf schwierige Zeiten ein.
Inzwischen empfiehlt der Gesundheitsminister allen Österreich-, Italien- und Schweizrückkehrern, sich freiwillig in Quarantäne zu begeben – eine Ansage mit wenig Weitblick. Bei einer klaren Verordnung wäre vieles einfacher.
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