Wir stehen in einer langen Menschenschlange. Alle wollen mit der steilsten Eisenbahn der Welt die Gebirgsklippe bei Katoomba hinunterfahren. Als wir vor einigen Tagen in den Blue Mountains angekommen waren, herrschte hier noch beschauliche Ruhe. Das änderte sich am Karfreitag schlagartig. Für die 16 Kilometer lange Fahrt bis zu unserem Wanderparkplatz am Grand Canyon brauchten wir fast zwei Stunden. Das beeindruckende Tal selbst durchwanderten wir in Kolonne. Auf den engen, steilen Wegen blieben nur wenige Möglichkeiten, ein Foto zu schießen, sofort bildete sich ein Stau.
Nun warten wir auf den Zug, der mit 52 Grad Neigungswinkel in die Tiefe rauscht. Als wir einsteigen, bemerken wir, dass die Sitze verstellt werden können. So rutscht man während der Fahrt nicht von der Bank. Trotzdem kribbelt es im Bauch, und die angewinkelten Knie verhindern den unmittelbaren Körperkontakt mit dem Vordermann. Im Tal angekommen, empfängt uns tiefer Regenwald. Während die meisten Besucher auf dem schnellsten Weg zur Seilbahn laufen, um die Klippe wieder hinauf zu fahren, drehen wir eine größere Runde. Dabei stoßen wir auf uralte Minen, in denen Ende des 19. Jahrhunderts Kohle abgebaut wurde. Diesem Umstand verdankt auch die Bergbahn ihre Existenz, mit ihr wurde das schwarze Gold damals auf das Plateau von Katoomba transportiert. Interessiert schauen wir uns einige Rester der alten Fördermaschinen an. Die verrosteten Eisenteile sind größtenteils schon wieder vom Wald überwuchert. Wir staunen nicht schlecht, als wir an einer alten Kohlegondel die Prägung von deren Hersteller sehen. Deutlich ist die Aufschrift Adolf Bleichert, Leipzig-Gohlis zu erkennen. In den ehemaligen Fabrikhallen, wo heute edler Wohnraum entsteht, wurde vor über einhundert Jahren Fördertechnik geschmiedet und in alle Welt exportiert. Und dort ist sie bis zum heutigen Tag zu finden…
Wenig später bewundern wir einem anderen europäischen Exportschlager. Die österreichische Firma Doppelmayr installierte vor einigen Jahren die höchste Seilbahn Australiens. Der sogenannte Skyway führt in 270 Metern Höhe über das Jamison Valley. Den absoluten Kick verleiht ein Glasboden in der Gondel, der den Blick in die Tiefe freigibt. Majestätisch schwebt die Kabine wenige Meter an den Katoomba-Wasserfällen vorbei, die an dieser Stelle über zweihundert Meter in die Tiefe rauschen. Um die Faszination aufzusaugen fahren wir mit unserer Tageskarte gleich dreimal. Ben, der Gondoliere, gestattet uns, jeweils in der Bahn zu bleiben. So könne wir die österliche Warteschlange am Eingang umgehen.
Nach einigen intensiven Wandertagen in den Blue Mountains flüchten wir in die Großstadt Sydney. Während es die Einheimischen zu den Feiertagen ins Grüne zieht, erkunden wir für nicht mal zwei Euro pro Tag mit Bus und Bahn die Metropole. Als wir am Hyde-Park vorbeikommen, trauen wir unseren Augen nicht. Wie schon vor einiger Zeit in Pretoria, steht mitten in Sydney ein Bauwerk, das uns sehr an das Leipziger Völkerschlachtdenkmal erinnert. Es ist nicht ganz so groß, wie die Vorbilder in Deutschland und Südafrika, dafür gibt es bei der Australischen Variante ein Wasserbecken wie in Leipzig. Auch der Anlass der Entstehung des Gebäudes ist ein ähnlicher wie beim Sächsischen Vorbild: Das Anzac-Denkmal in Sydney ist zu Ehren aller gefallenen australischen und neuseeländischen Soldaten errichtet worden. Täglich findet hier um 11 Uhr ein kleiner Gottesdienst statt, bei dem für die Gefallenen gebetet wird. Leider konnten wir uns das Denkmal nicht von Innen anschauen, da es zurzeit grundlegend saniert wird.
Beeindruckt durchqueren wir den Hyde Park. Auf einer großen Holztafel wird für das Lichterfest in Sydney geworben, das jährlich im Mai und Juni stattfindet. Lichterfest? War da nicht auch etwas in Leipzig? Vielleicht sollten die beiden Städte eine Partnerschaft eingehen. Hier kann man sicher voneinander profitieren. Vielleicht wird es dann auch in Leipzig möglich, sonn- und feiertags für zwei Euro mit öffentlichen Verkehrsmitteln quer durch die Stadt fahren.
Wenig später sitzen wir in der Abendsonne am Darling Harbour, der Szenemeile von Sydney. Hier reiht sich eine Kneipe an die andere und während der Happy Hour am späten Nachmittag überbieten sich Gaststätten mit Sonderangeboten. Bei einem schmackhaften Dinner lassen wir die ereignisreichen Tage nochmal Revue passieren.
Tags darauf stehen wir auf dem Flughafen in Sydney. Wieder werden wir an unsere alte Heimat erinnert, als wir den Flugplan nach Auckland sehen. Die Strecke wird täglich öfter bedient als manche Buslinie in Sachsen. Beinahe stündlich geht eine Maschine in die Neuseeländische Metropole. Obwohl Auckland zu den Top 3 der Städte in der Welt zählt, in denen es sich am besten leben lässt, wird unser Aufenthalt dort nur eine Stippvisite. Im Anflug sehen wir, dass am Kari Kari Beach, wo wir vor mehr als zwölf Jahren geheiratet hatten, noch alles beim Alten ist. In Auckland selbst können wir schon einige Dinge für unseren längeren Besuch im Frühjahr klären, und schon geht es wieder zurück nach Sydney. Nach einer einzigartigen Verwöhn-Orgie fallen wir dort aus dem Quantas-Flieger. Und nebenbei ist der Bauch noch mit dem guten Gefühl gefüllt, dass unsere Visaangelegenheiten nun wunschgemäß erledigt sind.