Auf der Suche nach weißer Weihnacht

Der Wetterwechsel am Mount Baw Baw kündigt sich bedrohlich an, für Schnee reicht es allerding nicht.

Früher war es in unserer Familie eine schöne Tradition, während der Adventszeit für ein Wochenende ins Erzgebirge zu fahren. Wenn aus den die festlich beleuchteten Häusern in den Tälern der Kaminrauch aufstieg und auf den Weihnachtsmärkten Pfeffernüsse und Mandeln genascht wurden, kam Weihnachtsstimmung auf. Und wenn zur Krönung des Ganzen auch noch Schnee lag, war das Ambiente perfekt. So mussten wir uns in diesem Jahr etwas umstellen, wobei wir die Hoffnung auf eine, zumindest in Ansätzen, weiße Weihnachtszeit nicht aufgegeben hatten. Pünktlich zur Vorweihnachtszeit führt unser Reiseweg durch die Australischen Alpen, und dort kann man auch im Sommer durchaus mal mit Schnee rechnen. Die Skilifte am Mount Baw Baw sind jetzt allerdings verwaist. Wir wandern auf gut markierten Pisten, wo im Winter die Langläufer auf ihre Kosten kommen. Später lässt uns eine kurze Meldung vom Wetterbericht aufhorchen, wird doch für die kommende Nacht tatsächlich Schneeregen in diesem Gebiet vorhergesagt. Ein heftiger Sturm bringt zwar kalte Luft, es reicht jedoch nur für Regen.

Im nächsten Morgen kramt die nette Dame im Besucherzentrumeine eine Zeitung hinter dem Tresen hervor. Auf der Titelseite ist ein gigantischer Wasserfall abgebildet. Ich empfehle euch, in die Woolshed-Schlucht zu gehen, da könnt ihr dieses Schauspiel erleben, meint die Frau. Nach den starken Regenfällen der letzten Tage läuft besonders viel Wasser durch das Tal. Um dem Schiedwetter wenigstens noch etwas abzugewinnen, machen wir uns zwei Tage später auf den Weg zum Mitchel River Nationalpark. Schon am Parkplatz hören wir es rauschen. Gespannt wandern wir in die Schlucht und stehen vor einer gut gefüllten Stromschnelle. Das war nicht das Bild aus der Zeitung. Enttäuscht drehen wir ab. Nach wenigen Metern führt ein schmaler Pfad ins Dickicht. Wir klettern über einige Felsbrocken und stehen in der Woolshed-Schlucht. Vor uns baut sich eine Felswand auf. Das Bild aus der Zeitung – Jörg erinnert sich sofort. Allerdings fehlt bei der heutigen Szenerie der Wasserfall. Müde tröpfelt ein kleines Rinnsal die Felsen hinunter. Wer zu spät kommt, den bestraft die Natur.

Was Weihnachtsdekoration angeht, steht Australien Europa in nichts nach...

Am Abend besucht uns Harold. Das Känguru hoppelt hinter Geoff her wie ein wohlerzogener Hund. Der Farmer erzählt uns, dass seine Familie Harold mit der Flasche aufgezogen hat, nachdem die Mutter bei einer Autokollision ums Leben kam. Nun ist das Tier 18 Monate alt und im Flegelalter, meint Geoff lachend. Harold ist neugierig. Er beschnüffelt zunächst uns und danach ausgiebig unser Mobiliar. Babsi streichelt das weiche Fell des Kängurus, Harold genießt es. Als Geoff zum Aufbruch bläst, folgt das Känguru sofort. Wir staunen, kennen wir das bisher doch nur von Hunden. Und auch dort klappt es nicht immer.

Im Bergdorf Omeo wandeln wir auf alten Goldgräberpfaden. Wie zuvor schon in Walhalla sehen wir immer wieder alte Fotos, auf denen die Landschaft nicht wiederzuerkennen ist. Gnadenlos wurde Ende des 19 Jahrhunderts der Wald abgeholzt, um Goldminen und die Infrastruktur dafür zu schaffen. Dort wo heute zum Glück wieder gesunder Wald steht, waren vor 150 Jahren nur kahle Bergrücken zu sehen. Der Raubbau hat Narben hinterlassen, die auch heute noch sichtbar sind. Tiefe Gruben, eingestürzte Gänge und alte Wasserläufe bestimmen vielerorts das Bild im Alpine Nationalpark.

Immer wieder beeindrucken uns die Wasserfälle im tiefen Regenwald, wenn sie denn fließen.

Wir fahren tiefer in die Australischen Alpen hinein. Klangvolle Namen wie Livingstone Creek und Victoria Falls erscheinen am Straßenrand. Waren wir doch erst kürzlich am afrikanischen Pendent, wollen wir auch die australischen Vic Falls sehen. Nun ja – das Bemerkenswerte an den Stromschnellen ist, dass hier das erste Wasserkraftwerk Victorias betrieben wurde.
In engen Kurven gewinnen wir an Höhe. Aus den Augenwinkeln sieht Jörg am Horizont etwas Weißes. Schnee meint er, jedoch Babsi lacht ihn fast aus. Es ist schönstes Sommerwetter, das Thermometer steht bei 30 Grad und dann Schnee? Hier? Aber natürlich! Als wir näherkommen, sehen wir an schattigen Stellen einige Schneefelder. Wir gehen wandern und freuen uns über ein bisschen weiße Weihnachtszeit.

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