Auf Abschiedstour durch Namibia

Leider kommt man an das Solarturmkraftwerk in Upington nicht sehr nah heran.

Schon vor zwei Jahren fiel uns in der Nähe von Upington ein großer Turm auf, dessen Funktion uns rätselhaft blieb. Einige Kräne zeugten damals von intensivem Baugeschehen. Nun, als wir nach Upington zurückkehren, sieht man bereits von Weitem, dass der Koloss scheinbar ein grelles Licht ausstrahlt. Wir haben das erste Solarturmkraftwerk Afrikas vor uns. Automatisch drehende Spiegel lenken das Sonnenlicht zur 200 Meter hohen Spitze des Bauwerks. Dort wird in einem Kessel Wasser erhitzt. Der Dampf wiederum treibt Turbinen zur Stromerzeugung an. Durch eine ausgeklügelte Technologie kann die Anlage 24 Stunden Energie liefern. Die dazugehörigen Spiegel nehmen eine Fläche von einer halben Million Quadratmetern ein, sodass man das Kraftwerk leider nur von Weitem bestaunen kann.

Erneut in Namibia angekommen, sind die Karasberge unser erstes Ziel. Schon lange hatten wir uns vorgenommen, die imposante Bergwelt im Süden des Landes zu besuchen. Noch immer ist es sehr heiß, sodass wir unsere Wanderung dort nicht ausdehnen.
In Keetmanshoop scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Wie bei unseren letzten Besuchen, sitzen etwa ein Dutzend Bettler vor dem Sparmarkt. Geld wollen sie nicht, vermutlich haben sie im Laden Hausverbot. Wir sollen ihnen ein Stück Brot oder Wurst von unserem Einkauf mitbringen. Sporadisch versucht die Polizei durchzugreifen, doch kaum sind die Beamten verschwunden, kehren die aufdringlichen Leute zurück.

Von Keetmanshoop fahren wir westwärts und überqueren das breite Tal des Fish River. Im Flussbett sehen wir hier zum ersten Mal Wasser. Namibia hatte eine gute Regenzeit. Jetzt, wo wir zum wiederholten Mal diese Strecke fahren, fällt uns auf, wie einzigartig sich die Landschaft nach den ausgiebigen Regenfällen verändert hat.
Im Hotel zu Helmeringhausen dreht der domestizierte Springbock nach wie vor seine Runden. Vor zwei Jahren hatten ihm angetrunkene Gäste eine leere Bierbüchse auf die Hörner gesteckt. Seine Wut darüber ließ der Bock damals an Jörg aus.
Die Tsirasberge leuchten majestätisch in der Abendsonne, gerade so, als wollten sie Good bye sagen. Auf dem Campingplatz in Betta steht eine Gruppe Overlander. Die blassen Menschen wuseln durchs Gelände und fotografieren den Sonnenuntergang. Nach dem Abendessen wird gefeiert, vermutlich wie jeden Tag. Gegen neun fallen die Leute todmüde ins Bett. Am nächsten Tag ist die Nacht um drei Uhr vorbei, und das für alle im Camp. Der Busfahrer startet den Motor und lässt ihn eine halbe Stunde warmlaufen. Im faden Licht der Stirnlampen bauen die Leute ihre Zelte ab. Halb vier mahnt der Guide lautstark zum Aufbruch – man will schließlich zum Sonnenaufgang an den Dünen von Sossusvlei sein…

Namibia hatte eine gute Regenzeit, die Weiher sind voll.

Obwohl wir das Sossusvlei schon mehrfach besucht hatten, kehren auch wir dorthin zurück. Derzeit herrscht absolut klares Wetter, das wir zu einem Flug über die Dünen nutzen. Mit Michael gehen wir in die Luft. Nach einer kleinen akrobatischen Einlage schaut der junge Pilot über seine Schulter, wie das Publikum reagieren würde. Als noch niemand die Tüte zum Mund führt, zeigt Michael was er und seine Cessna können. Sicher steuert er das Flugzeug zwischen den Sandbergen hindurch, überfliegt deren Gipfel, um wenig später in geringer Höhe über die Feenkreise zu jagen. Fast konnte man denken, er wolle in der Wüste landen, als er unvermittelt vor einer Menschengruppe den Flieger senkrecht nach oben zieht – Adrenalin pur. Micha grinst und meint, dass er morgen wenigstens zwei Fluggäste aus der Gruppe mehr hätte…
Von der Wüste weht ein heißer Wind. Inzwischen ist es abends um neun, und das Thermometer will nicht unter die 30 Grad Marke fallen. Die Nacht wird unerträglich heiß – Namibia verabschiedet sich gebührend. Bei knapp 40 Grad steigen wir in den Kuiseb-Canyon hinab. Hier haben vor rund 75 Jahren Henno Martin und Herrmann Korn gelebt. Die beiden Männer flohen vor dem 2. Weltkrieg in die Wüste und beschreiben ihre Zeit dort eindrucksvoll in einem Buch. Wir lassen unsere Blicke schweifen. An der Wohnhöhle der beiden Männer angelangt, läuft uns das Wasser aus allen Poren. Um an das kostbare Nass zu gelangen, mussten Martin und Korn von ihrer Behausung noch etwa einen Kilometer weiter in Tal hinabsteigen – ein unglaubliches Leben, was die beiden geführt haben, wenn es nicht wahr wäre…

Wie jedes Mal werden wir auf der Piste nach Swakopmund ordentlich durchgerüttelt. Der Unterschied jetzt: Die staubige Straße ist noch schlechter als im vergangenen Jahr. Auf den rund 100 Kilometern durch den Bezirk Windhoek ziehen wir mehrfach unsere Wohnkabine fest und fahren die lockeren Stützen wieder ein.

Sonnenuntergang an der Seebrücke von Swakopmund

Die Hitze verfolgt uns bis an die Küste – Namibia gibt nochmals sein Bestes. Eine extreme Ostwindlage lässt das Thermometer selbst in Swakopmund auf knapp 40 Grad ansteigen. Dort wo sonst kühler Nebel wabert, brennt die Sonne gnadenlos vom Himmel. Der Sturm pustet uns fast um. Eigentlich sollte man bei dem Wetter baden gehen, aber das Meer ist uns mit seinen 12 Grad dann doch zu kühl. Wir flüchten nach Windhoek. Der Campingplatz dort ist ausgebucht. Die Osterferien in Südafrika und Europa lösen in diesem Jahr einen regelrechten Massenansturm auf Namibia aus. Bernhardt wäre nicht Chef des Camps, wenn er nicht doch noch ein Plätzchen für uns gefunden hätte. Kommen viele Leute zusammen, menschelt es. So lernen wir in auf dem Stellplatz sehr nette Südafrikaner kennen, die es nicht ertragen können, dass sie ihren Stromadapter zu Hause vergessen haben. Sie benutzen einfach unseren. Als wir reklamieren, entfernen sie kurzerhand unsere komplette Stromversorgung vom Anschluss. Der Freundlichkeit nicht genug, lässt man nachts noch die Motoren jaulen und die Räder durchdrehen. Alles schon mal erlebt in Namibia – eine echte Abschiedstour.

Buchtipps zu Namibia:
Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“ von Henno Martin
Hummeldumm“ von Tommy Jaud
(Beide Bücher sind keine Reiseführer)

Weitere Bilder zum Artikel sind hier zu finden…

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