Noch immer sind wir auf der Great North unterwegs. Die Straße führt rund eintausend Kilometer durch den Norden Sambias zur tansanischen Grenze. Am Kundalila-Wasserfall können wir seit Wochen das erste Mal wieder wandern. Auf große Tiere brauchen wir nicht aufzupassen, die gibt es in dieser Gegend schon lange nicht mehr. Dafür piesacken uns die kleinen Tiere umso mehr. Babsi wird von einer Tse Tse Fliege malträtiert. Dafür hält Jörg jede Mücke von ihr fern, er lässt sich lieber selbst stechen. Am Boden lauern lästige Milben, und aus dem Busch stürzen sich immer wieder stechende Insekten auf uns. Dreiste Fliegen kriechen in die Ohren und hinter (!) die Brillengläser. Ein verwegener Rabe landet gerade mit einer Tüte Kartoffelchips in der Astgabel eines Baumes. Geschickt versucht er mit seinem Schnabel die Tüte zu öffnen. Aufgeregt kommen die rechtmäßigen Besitzer der Leckerei angelaufen und warten auf den entscheidenden Fehler des Tieres. Wenig später fällt die Tüte fast unversehrt in den Sand.
Die Campingplätze sind hier im Norden Sambias spartanischer ausgestattet. Strom gibt es keinen und auf den Trockentoiletten liegen Hochglanzzeitschriften statt Klopapier.
Im Gegensatz zum beeindruckenden Kundalila-Wasserfall sind die Stromschnellen im Mutinondo-Naturpark eher klein. Dafür lässt es sich in den Gumpen schön schwimmen. Wir wandern durch unberührte Natur. Hier sind keine Wälder abgeholzt; die Buschbrände lodern in weiter Ferne. Unser Ziel ist der Mayense. Er ist mit knapp 1700 Metern der höchste Berg in der Felslandschaft rund um Mpika. Am Gipfel weht uns eine frische Brise um die Nase. Der Ausblick ist überwältigend.
In Ort halten wir an einer modernen Fleischerei. Die Bratwürste von dort stehen den Thüringern in nichts nach. Gewürzt mit Bautzener Senf und Hainich-Sauerkraut, welches es in Windhoek zu kaufen gab, lassen wir es uns am Abend gut gehen. Lediglich die Süßkartoffeln passen nicht so recht zum Festmahl.
Am nächsten Morgen sind alle Lichter im Wohnmobil aus. Wir stehen den zehnten Tag in Folge ohne Landstrom. Nun haben die Batterien ihren Dienst quittiert. Tagsüber schnurren die Lüfter am Kühlschrank fast ununterbrochen. Außerdem werden immer wieder Geräte nachgeladen. Am Abend wird es zeitig dunkel, sodass die Beleuchtung lange in Betrieb ist. Und schließlich ist es nachts inzwischen so warm, dass der Lüfter über dem Bett Höchstleistungen vollbringt. Rund um die Uhr wird den Batterien ordentlich Leistung abverlangt. Zwar scheint den ganzen Tag die Sonne, aber das Licht reicht nicht aus, um die Stromspeicher wieder vollständig zu laden. Zuerst parken wir den Nissan so, dass die Solaranlage länger beschienen wird. Anschließend demontieren wir die Gitter der Kühlschranklüftung, damit die Ventilatoren nicht ständig laufen. Und schließlich lüften wir unsere Wohnung zur „kühlen Stunde“ ordentlich durch. Wir haben nämlich beobachtet, dass die Lufttemperatur nach Sonnenuntergang sehr schnell abfällt. Es ist kühl, bis am Abend Wind aufkommt, der das Thermometer schlagartig wieder in die Höhe treibt. Langsam erholen sich die Batterien, dafür geht das Gas zur Neige. Nachdem unser Kühlschrank über zwei Wochen auf Gasbetrieb gelaufen ist, schrumpfen die Vorräte sehr schnell. Wir überlegen uns einen Gassparplan: Heißes Teewasser wird ab sofort aus der Campingküche bezogen, und gekocht wird nur noch auf offenem Feuer. Das macht bei der Wärme zwar keinen Spaß, ist aber recht effektiv. So wird auch ein großer Vorrat an Frühstückseiern auf den Flammen vorgekocht. Uns gegenüber steht eine Gruppe Südafrikaner. Die Leute sind gut ausgerüstet und haben einige Gasflaschen an Bord. Wir fragen Ian, ob er den Inhalt einer Flasche entbehren kann. Kann er nicht, denn die Flasche ist bereits leer. Später steht Ian dann doch mit einer Flasche vor uns. Es ist jedoch kein Gasbehälter, sondern eine Weinflasche aus der eigenen Kelterei. Sein Weingut liegt in der Kapregion und Nederburg ist sein Nachbar. Das Getränk schmeckt hervorragend und macht Lust auf einen erneuten Besuch der Gegend. Vielleicht bekommen wir das im nächsten Jahr nochmal hin.
Für die 30 Kilometer nach Kapishya Hotsprings brauchen wir zwei Stunden. Der Nissan ächzt unter der ausgewaschenen Fahrbahn. Sind ausnahmsweise keine Löcher da, stöhnt das Fahrwerk beim Passieren der Wellblechpiste. Am Ziel angekommen, stürzen wir uns zunächst in den kleinen See. Hier quillt das Wasser mit exakt 37 Grad aus der Erde. Erinnerungen an alte Zeiten, als ein Badezuber in unserem Garten stand, werden wach. Auf dem Campingplatz treffen wir Hartmut und Conny. Hartmut begrüßt Jörg sofort herzlich, der muss jedoch eine ganze Weile überlegen. Bald fällt der Groschen – vergangenes Jahr, Cape Maclear am Malawisee – dort sind wir den beiden schon einmal begegnet. Während wir Neuigkeiten austauschen, fährt ein Auto ohne Armaturenbrett an uns vorbei. Auch dessen Fahrer kennen wir bereits, Ulli und Monika trafen wir auf dem letzten Campingplatz. Nun müssen die beiden wegen einer Panne hier länger verweilen. Schwacher Trost für sie: Es ist nicht die schlechteste Gegend und auch nicht die schlechteste Truppe, die nun abends am Lagerfeuer sitzt.