Die tansanische Küstenstadt Bagamoyo ist bekannt für ihre Stonetown. Wir wollen uns die Altstadt anschauen. Da es außerordentlich heiß ist, nehmen wir uns ein Daladala. Wo die Altstadt ist, kann uns der Fahrer nicht sagen, er setzt uns kurzerhand an der zentralen Markthalle ab. Schon stehen wir mitten im Menschengewusel, sehenswerte alte Gebäude finden wir nicht. Mehr zufällig stoßen wir auf eine Touristinformation. Die uniformierte Chefin hinter dem dicken Schreibtisch würdigt uns kaum eines Blickes, für Fälle wie uns hat sie ihre Mitarbeiter. So begrüßen uns in dem engen Raum dann auch vier Leute mit Handschlag, offenbar die Angestellten. Wir versinken in einem weichen Sofa. Natürlich könne man die Altstadt besichtigen, meint Joe, einer der vier Männer. Er würde uns eine rund zweistündige Führung empfehlen. Die kostet Geld, unseres Erachtens viel zu viel Geld. Was er noch empfehlen könne, fragen wir weiter. Die Aktivitäten würden von den Lodges organisiert, wenn wir etwas tun wollen, müssten wir dort nachfragen. Ernüchtert stehen wir kurze Zeit später wieder auf der Straße. Die wenigen, völlig zerfallenen Ruinen aus der deutschen Kolonialzeit sind schnell gefunden. Notdürftig sind die Gebäude gesichert und die Eingänge mit Brettern zugenagelt. Einzig der Deutsche Friedhof macht einen aufgeräumten Eindruck. Die Pflege ist privat organisiert, erfahren wir später.
Auf dem Fischmarkt erstehen wir noch zwei schöne Exemplare Kingfisch, bevor wir ins Camp zurückkehren. Hier hatten wir gelesen, dass es Seekajaks zu mieten gäbe, und im Reiseführer war zu erfahren, dass die nahen Mangrovenwälder sehenswert seien – also nichts wie hin. An der Rezeption starten wir den ersten Versuch, ein Kajak zu mieten. Die Boys hinter der Theke hören offensichtlich zum ersten Mal von solch einem Anliegen und holen nach heftiger interner Diskussion den Chef. Artig tragen wir unseren Wunsch erneut vor. Ja, meinte der, die Boote gäbe es zwei Kilometer weiter in einer Lodge am Strand. Er wäre nur der Vermittler. Schnell wird eine Telefonverbindung hergestellt und wir reservieren ein Boot. Anschließend packen wir unsere Sachen in den wasserdichten Rucksack und machen uns auf den Weg. An besagter Lodge erklärt uns der Wachmann, dass es hier keine Boote zu mieten gäbe. Wir sollten noch weiterlaufen. Kann ja sein, dass wir etwas nicht richtig verstanden haben – so machen wir uns auf den Weg zur nächsten Einrichtung. Boote gäbe es nicht, meint der Rezeptionist dort, aber ein Surfbrett könne er uns leihen. Schwierig, damit in den Mangrovenwald zu fahren, schätzen wir ein, abgesehen davon, dass keiner von uns die Sportart beherrscht. Wir gehen zurück, lassen den Wachmann einfach stehen, und… sehen im Garten zwei Seekajak-Einer liegen. Als wir an der Rezeption nach unserem reservierten Zweier fragen, kann man sich zwar erinnern, doch das Boot wäre gerade nicht verfügbar. OK, dann nehmen wir die zwei Einer zum selben Preis. Das müsse erst mit dem Manager besprochen werden, die Dame sprach‘s und verschwand eine gefühlte Ewigkeit am Telefon. Geht in Ordnung, kommt die Message vom Chef. Wir hätten dann nur noch eine Kleinigkeit: Das defekte Paddel bitte gegen eines zu tauschen, was in Ordnung ist. Natürlich! Nach einer erneuten Ewigkeit – Fehlanzeige; es gibt kein anderes Paddel. Sorry for that! Immerhin können wir uns am Abend mit der Gewissheit zurücklehnen, einen schönen Strandspaziergang gemacht zu haben.
Inzwischen ist es drückend heiß, morgens, mittags, am Abend und auch in der Nacht. Man kann nirgendwohin, um sich vor der Schwüle zu schützen, außer – ins Autofahrerhaus. So beeilen wir uns, in angenehmere Gegenden zu gelangen. Unterwegs präsentiert man uns ein schlecht gefälschtes Handyfoto. 74 Stundenkilometer seien wir gefahren, statt der erlaubten 50. Schilder gab es, wie so oft, keine. Die Preise kennen wir inzwischen…
Das Kisolanza Old Farmhaus liegt auf 1700m Höhe; hier ist das Klima angenehm. Jörg sitzt das erste Mal seit Jahren wieder auf einem Friseurstuhl. Hannah bringt Grund in seinen Haarschnitt. Der Smalltalk auf Englisch funktioniert inzwischen recht gut. Wie viele Kunden Hannah hat, will Jörg wissen. Oh, es kommt darauf an. Die Leute aus der Umgebung kommen sowieso zu ihr. Auch in Irente, 50 Kilometer entfernt, hat es sich bereits herumgesprochen, dass sie gute Frisuren zaubert. Oft nutzen auch ganze Gruppen ihren Service. Sie kommen aus Morogoro oder Mbeya und verbringen ein ganzes Wochenende im Farmhaus. Vormittags lassen sie sich mit Massagen verwöhnen und zwischendurch geht es eben zum Friseur. Sowohl Morogoro als auch Mbeya liegen über 300 Kilometer von der Farm entfernt.
Nur ein Drittel der Distanz ist es von Mbeya zur malawischen Grenze. Unsere letzten tansanischen Schillinge wandeln wir in Diesel um und füllen den Tank nochmal richtig auf. Sprit ist in Malawi erheblich teurer. Die Straße schlängelt sich durchs Gebirge. Jörg fährt sehr langsam, um nicht noch auf den letzten Kilometern wegen Geschwindigkeitsüberschreitung belangt zu werden. Mit knapp 15 km/h zuckelt er auf der kurvigen Strecke hinter einem LKW her. Gerade, als er das Gefährt überholt hat, springt der Polizist auf die Straße. 64 km/h sei Jörg gefahren, will uns der Beamte weismachen. Wir lachen ihn einfach nur aus, erklären die Situation und fordern Beweise für das angebliche Vergehen. Die hat der Mann offensichtlich nicht, so belässt er es bei einer eindringlichen Ermahnung. Schlussendlich brauchen wir für die Strecke bis zur Grenze mehr als drei Stunden. An der Schranke zum Abfertigungsbereich steht ein Mann und trägt unsere Fahrzeugdaten diensteifrig in ein Buch ein. Anschließend fordert er 5000 Schilling für das Öffnen der Schranke. Lächelnd präsentiert Jörg seine leere Geldbörse und meint, wir könnten ja auf der Straße stehen bleiben, wenn er die Schranke nicht öffnen will. Alle folgenden Fahrzeuglenker werden begeistert sein… Der Mann überlegt kurz und drückt wütend den Schrankenbalken nach oben. Tschüß Tansania, so schnell seht Ihr uns hier nicht wieder! Sorry for that!