Den Tipp gab uns Emanuel während der Wanderung zum Botsoela-Wasserfall. Am nächsten Tag solle in Malealea ein riesiges Kinderfest auf dem Sportplatz des Ortes stattfinden. Hunderte von Kindergartenkindern aus der gesamten Umgebung würden dazu erwartet. Wir sind neugierig. Gemeinsam mit Peter und Gabi gehen wir am nächsten Morgen zum Sportplatz. Und ehe wir uns versehen, stehen wir mitten im Kinderfest. Aus dutzenden von Minibussen jubeln uns die Leute zu. Sind die dann erstmal ausgestiegen, geht die Party richtig los. Neugierig schauen uns die Kinder an, und anschließend müssen wir als Fotomotive herhalten. Vier Weiße inmitten von tausend Einheimischen sind DIE Attraktion. Da müssen selbst die Offiziellen, die das Fest eröffnen wollen, zunächst zurück treten. Jede der Kindergruppen gibt vor der Tribüne eine kleine Vorstellung. Als sich der Himmel bedrohlich verfinstert, wollen wir den Rückzug antreten. Wir kommen nicht weit. Atemlos holen uns immer wieder Leute ein, die noch ein Foto mit uns gemeinsam haben wollen. Am nächsten Tag werfen wir vorsichtig einen Blick in die Zeitung. Zum Glück können wir unsere Gesichter dort nicht entdecken.
An einem Samstagvormittag laufen wir durch Semonkong. Ja, der Autoverkehr habe schon zugenommen, meint Gabriel, unser Begleiter. Seit einem Jahr führt die Teerstraße bis in das kleine Bergstädtchen. Ansonsten läuft hier alles noch so ab, wie jeden Samstag seit hunderten von Jahren: Die Leute gehen einkaufen, pflegen ihre mobilen Untersätze und waschen Wäsche. Auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt herrscht Betrieb. Dutzende von Pferden und Esel warten darauf, dass ihnen ihre Besitzer den schweren Einkauf auf den Rücken schnallen. Die Mehl- und Weizensäcke wiegen zwischen 25 und 50 Kilogramm. In den Vorgärten der Häuser können wir beobachten, wie die Tiere mit Hingabe gepflegt werden. Die Autowerkstatt im Ort hat dagegen wenig zu tun. Gabriel zeigt uns ein kleines Gasthaus, wo wir einen Lunch nehmen können. Der Gastraum ist etwas 10 qm groß, die drei Angestellten spielen dort Karten. Wir wollen nicht stören. Im Supermarkt kaufen wir Brot und einige Eier. Als wir die Dinge in unseren Rucksack packen wollen, gibt uns Gabriel ein Zeichen, dass wir das nicht tun sollen. Die Sachen bleiben im Korb. Kurz darauf stehen wir in einer riesigen Menschenschlange am Ausgang des Marktes. Am Ende der Schlange sitzt ein Mann und kontrolliert, ob die Ware im Korb mit der Abrechnung auf dem Kassenzettel übereinstimmt. Erst dann kann der Einkauf in den Taschen verstaut werden. Auf dem Rückweg zum Camp kommen wir an einigen Gräbern vorbei. Sie liegen direkt neben der Straße. Auffällig ist, dass hier viele junge Menschen beerdigt sind. Viele von ihnen sind an Aids gestorben. In Lesotho ist die Immunschwäche weit verbreitet.
Von Semonkong reiten wir zum Maletsunyane-Wasserfall. 186 Meter donnern hier die Wassermassen in die Tiefe.“ Ich denk, mich tritt ein Pferd“, so atemberaubend ist die Landschaft rund um die Schlucht. Noch bevor Jörg den Satz zu Ende gedacht hat, ist er um ein Souvenir reicher: Ein Pferdehuf im Schienbein. Eine ganze Weile schon schnuppert sein Gaul am Hinterteil von Babsis Pferd herum. Irgendwann reicht es dem Tier und es tritt kräftig aus. Es trifft den Falschen. Nachdem Jörg grob verarztet ist, bekommt er das Pferd vom Guide. Es läuft etwas ruhiger, der Reitspaß ist jedoch vorerst vorbei.
Mit Theo sitzen wir in der Mittagssonne auf der Terrasse der Maliba Lodge. Theo ist der Manager des gleichnamigen 5-Sterne-Hotels im Tsehlanyane Nationalpark. Eigentlich hatte es uns nur auf den Campingplatz der Einrichtung verschlagen. Als wir für die Übernachtung im Camp mehr als das Doppelte des sonst üblichen Preises zahlen sollten, hielten wir das für einen schlechten Scherz des Rezeptionisten, der auch sonst nicht sonderlich fit und auskunftsfreudig war. Wenig später setzte bei uns Schnappatmung ein, nachdem wir den Übernachtungsplatz besichtigt hatten. Der Zustand war, gelinde gesagt, unter aller Sau. Wir hielten das Ganze für einen Irrtum und verlangtem nach dem Chef der Einrichtung. Nun sitzt uns Theo gegenüber, spricht über sein Hotel, den Campingplatz und die Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung. Die legt die Übernachtungspreise fest und bekommt weit über die Hälfte des Erlöses. Dringend notwendige Investitionen müssen beantragt und genehmigt werden, das dauert zum Teil viele Jahre. Theo entschuldigt sich ehrlich für den Zustand des Platzes und will uns den Übernachtungspreis erstatten. Da haben wir eine ganz andere Idee: Er solle das Geld behalten und wir stehen eine zweite Nacht gratis vor der traumhaften Bergkulisse. Der Manager ist begeistert und lädt uns zum Dinner ein. Währens des Abendessens entsteht ein interessantes Gespräch über Lesotho. So erfahren wir Vieles über die verschiedenen Mentalitäten in einem Land, das nicht größer als Berlin und Brandenburg zusammen ist, über die karitativen Projekte des Hotels und leider auch über die grassierende Korruption in der Gegend. Das Essen und auch der Service bekommen von uns fünf Sterne. Theo lässt uns noch zum Campingplatz fahren, jedoch nicht ohne den gut gemeinten Hinweis, dass wir auch gern am Kamin im Hotel übernachten können. Für die kommende Nacht sind -5 Grad vorhergesagt.