Wie jeden Morgen starren wir auch heute gebannt auf den Computerbildschirm. Nachdem unser Wohnmobil seit fast zehn Wochen von Australien nach Deutschland unterwegs ist, verfolgen wir den Seeweg unseres treuen Reisegefährts. Nun freuen wir uns nun darauf, es in Bremerhaven abholen zu können.
Nachdem wir in Fremantle kurz vor knapp noch unseren Gastank aus dem Mobil entfernt hatten, klappte die Fahrzeugabgabe am Hafen vermeintlich reibungslos. Der Spediteur brachte das Auto ins Hafengelände und gab uns den Schlüssel für die Wohnkabine zurück. Den brauche man nicht, meinte er, worüber wir sehr froh waren. Für den Transport von Australien nach Europa war die Ostroute vorgesehen. So konnten wir nachverfolgen, wie der Frachter von Fremantle über Singapur und Tokio die Datumsgrenze überquerte und schließlich Kurs auf den Panamakanal nahm. Nach dessen Passage ereilte uns die Nachricht, dass die Salome in Baltimore/USA wieder umkehren und zurück nach Australien fahren würde. Für unser Wohnmobil bedeutete das die Verladung auf ein anderes Schiff. Die Tugela überquerte zügig den Atlantik, bewegte sich allerdings ab Zebrügge nur noch langsam auf Bremerhaven zu. Am Ende der Tour wird das Mobil, im Gegensatz zu uns, einmal die Welt umrundet haben.
Nun sitzen wir im Zug und hoffen, dass sich die Verspätung des Frachters in Grenzen hält. Die Bahnfahrkarte war schon längerfristig gebucht, ebenso wie das Überführungskennzeichen zur Fahrt in die Werkstatt. Wir übernachten bei Martin in Bremen. Der zaubert noch zwei Halter für Nummernschilder aus dem Schrank, nachdem wir lange darüber diskutiert haben, wie wir die roten Kennzeichen am Auto befestigen.
Am nächsten Nachmittag bekommen wir von der Reederei die Freigabe für unser Auto. Nun heißt es noch zweieinhalb Kilometer bis zum Gate zu wandern, um das Fahrzeug aus dem geschützten Bereich holen zu können. Auf dem Weg dorthin peitscht uns der Regen waagerecht ins Gesicht. Als wir am Tor den Passierschein abholen wollen, meint der Herr am Schalter, wir sollen in drei Stunden wiederkommen. Etwas ungläubig starren wir den Mann an. Der gibt uns den Tipp, dass dort, wo wir gerade herkommen eine gemütliche Gaststätte sei….
Als wir zurück laufen, schiebt wenigstens der Sturm von hinten. Nachdem wir auf unserer vierjährigen Reise mehrere tausend Kilometer gewandert waren, gehören die letzten beiden Touren nicht unbedingt zu den Favoriten. Das Australische Swan Valley durchquerten wir bei knapp 40 Grad, und hier macht nordeuropäisches Schmuddelwetter seinem Namen alle Ehre. Völlig durchnässt lassen wir uns im „Treffpunkt Kaiserhafen“ auf die Stühle fallen. Die angeblich letzte Kneipe vor New York ist für uns im Moment erste Wahl. Im Radio dudelt Musik von Antenne Bayern, die Sehnsucht nach NY hält sich wohl hier schwer in Grenzen…
Für die Rückfahrt zum Gate organisieren wir uns ein Taxi. Am Tor erklärt man, dass das Wohnmobil beim Zoll falsch deklariert wurde. Offenbar ist beim außerplanmäßigen Umladen in Baltimore ein Fehler unterlaufen. So warten wir eine weitere Stunde. Als sich endlich die Schranke am Gate öffnet, ist es schon dunkel. Und schließlich sehen wir unser Wohnmobil, äußerlich unversehrt, in eine Ecke stehen. Als wir losfahren, knallt es in der Wohnkabine. Babsi schaut kurz nach und stellt eine Thermoskanne zurück in den Schrank. Der war offensichtlich während der Verschiffung aufgegangen. Spät in der Nacht kommen wir in Leipzig an. Erschöpft aber zufrieden legen wir uns schlafen.
Bevor wir am nächsten Morgen das Wohnmobil zur Werkstatt bringen, wollen wir es noch ausräumen. Mit Entsetzen stellen wir fest, dass das schon jemand anders für uns erledigt hat. Die offene Schranktür von gestern Abend war nur der kleine Teil eines kompletten Einbruchs während der Verschiffung. Wir rätseln, wie das geschehen konnte, war doch die Eingangstür zur Kabine verschlossen und unversehrt. Den Schlüssel dazu hatte man uns in Australien zurückgegeben. Plötzlich entdeckt Jörg ein entriegeltes Dachfenster, durch das der Diebstahl erfolgt sein muss. Da auch an der Öffnung keine Spuren von Gewaltanwendung zu finden sind, muss jemand das Fenster entriegelt haben. Nach menschlichem Ermessen kann das nur dann passiert sein, als das Auto in den Hafen von Fremantle gefahren wurde. Damals hatten wir den Kabinenschlüssel für zehn Minuten dem Spediteur übergeben.
Später stellen wir fest, dass die fehlenden Dinge von der Größe her alle durch das Dachfenster gepasst haben. Offenbar hatte der Dieb für sein Tun alle Zeit der Welt und ist mehrfach im Mobil gewesen. Einige Gegenstände sind aus der letzten Ecke gestohlen worden, wo es viel Zeit brauchte, um an die heranzukommen. Vermeintlich wertlose Sachen wurden wieder so verstaut, dass der Diebstahl auf den ersten Blick nicht auffällt.
Als wir den Vorfall bei der Reederei melden, herrscht kollektives Schulterzucken. Logisch, lauten doch die Bestimmungen so, dass ein Wohnmobil während der Verschiffung komplett leer zu sein hat. Darin befindliche Gegenstände werden auf eigenes Risiko transportiert.
Am Ende hilft nur der Blick nach vorn. Nachdem wir die Wohnkabine in der Caravanwerkstatt abgesetzt haben, bringen wir den Nissan zum Autoservice und hoffen, dass bei der Durchsicht nicht noch weitere böse Überraschungen ans Licht kommen.