Am Top End Australiens

Sonnenaufgang am Marry River

Seit über einem Jahr sind wir mittlerweile in Down Under unterwegs. Dabei haben wir drei Viertel der Umrundung des Kontinents geschafft und touren im Moment durch den äußersten Norden. Die Leute nennen das Gebiet Top End, und tatsächlich gibt es hier einiges zu sehen. Für Entdeckungen herrscht derzeit ideales Klima. Es ist meist sonnig und trocken. Die Tagestemperaturen bewegen sich um die 33 Grad, nachts kühlt es kaum mehr unter 20 Grad ab. Während Babsi sich sauwohl fühlt, leidet Jörg unter den heißen Nächten.

Unsere Reise führt nach Darwin. Trotz des Status der Landeshauptstadt vom Bundesstaat Northern Territory strahlt die Stadt mit ihren 120 000 Einwohners eine gemütliche Atmosphäre aus. Für die Bewohner spielen zwei Ereignisse in der jüngeren Geschichte eine große Rolle. So wurde fast das gesamte Stadtgebiet am Weihnachtstag 1974 vom Wirbelsturm Tracy zerstört. Eine beeindruckende Darstellung, wie die Naturgewalten den Landstrich binnen kürzester Zeit verwüstet haben, finden wir im Museum für Kunst und Geschichte. In einem völlig dunklen Raum hört man den Sturm brausen und die Wände wackeln. Dort können wir annähernd nachvollziehen, was die Menschen an diesem Weihnachtsfest gefühlt haben. Wir sind froh, als wir den Raum wieder verlassen können.

Noch stärker als an den Wirbelsturm Tracy wird in Darwin an die Ereignisse des 2. Weltkrieges erinnert. Damals flogen hunderte von japanischen Flugzeugen zwei verheerende Angriffswellen auf die Stadt. Dabei wurden die Hafenanlagen und dort vor Anker liegende Schiffe fast völlig zerstört. Heute kann man das Geschehen während einer beeindruckenden Dokumentation in virtualer Realität nachvollziehen. Bei dem Erlebnis wird uns himmelangst.

Der Film über die Kriegstage wird bezeichnenderweise auf dem Ausstellungsgelände des Royal Flying Doctor Service gezeigt. Damit möchte man auf eindrucksvolle Weise dokumentieren, dass es neben Krieg und Zerstörung auch lebenserhaltende Dinge gibt. Ein Highlight der Ausstellung ist die holografische Darstellung der neunzigjährigen Geschichte des Luftrettungsdienstes, die John Flynn, der Gründer des RFDS, höchstpersönlich erzählt.

Am Abend mischen wir uns am Mindil Beach unters Volk. Zweimal wöchentlich findet hier ein Markt statt. Uns fasziniert die Mischung aus Rummel, Show und Sonnenuntergangsspektakel.
Am Ende bleiben wir länger als geplant in Darwin, gibt es doch hier noch jede Menge zu entdecken: Seien es die Monsunregenwälder am East Point, die wir während einer Radtour erkunden oder die gemütliche Waterfront. Dabei nutzen wir immer wieder die Gelegenheit für ein erfrischendes Bad.

schöne Badestelle

Zuvor waren wir im Kakadu-Nationalpark unterwegs. Diese einzigartige Landschaft östlich von Darwin ist eines der wenigen Gebiete, das sowohl im Weltkulturerbe als auch im Weltnaturerbe gelistet ist. Der Name des Parks entstand durch die falsche Aussprache des Wortes „Gaagudju“, einer im nördlichen Teil verwurzelten Sprache der Aborigines. Natürlich sind auch jede Menge Kakadus im Nationalpark heimisch. Das liegt nicht zuletzt daran, dass in der Gegend die Kakadu-Pflaume wächst. Die Früchte sind eine Lieblingsspeise der gleichnamigen Vögel.
Das Land wurde an die Aborigines zurückgegeben. Heute wird es von ihnen gemeinsam mit der australischen Nationalparkverwaltung bewirtschaftet. Trotz der Listung im Welterbe bleiben einige Zweifel bei der Nutzung des Gebietes als Nationalpark. So sind weite Teile der Landschaft vom Schutzgebiet ausgenommen, sei es wegen eines Truppenübungsplatzes oder wegen dem Uranbergbau. Die Aborigines selbst beleben in der Region ihre traditionellen Kulturen wieder. Dazu gehört auch, dass es um diese Jahreszeit allerorten brennt. Dicke Rauchwolken verdunkeln die Sonne. Die feinen Partikel werden bis in die obere Atmosphäre geschleudert und verwandeln das Firmament bei Sonnenuntergang in ein blutrotes Himmelszelt. Sinn der Feuer ist, vertrocknetes Gras niederzubrennen, damit eventuelle Großbrände keine Nahrung finden. Obwohl die Buschfeuer nur selten außer Kontrolle geraten, empfinden wir es in der heutigen Zeit als eine recht fragwürdige Methode der Landschaftspflege, wo jeder unnötige Brand die geschundene Erdatmosphäre zusätzlich belastet.
Trotz des brenzligen Geruchs genossen wir die Landschaft im Kakadupark auf ausgiebigen Wandertouren. Wir badeten in abgeschiedenen Felspools und tauchten unter Wasserfällen hindurch. Dabei kam es auch zu mancher unangenehmen Begegnung. Aus Versehen wäre Jörg fast auf eine Jagdspinne getreten. Die rettete sich mit einem beherzten Sprung an sein Knie. Das handtellergroße Tier zu entfernen, war nicht ganz einfach. Sie klammerte sich an dem vermeintlich sicheren Platz ordentlich fest. Von einem Biss hat sie abgesehen. Der wäre zwar nicht giftig gewesen, allerdings schmerzhaft. Auf alle Fälle waren Mensch und Tier froh, als jeder sich wieder auf sicherem Geläuf bewegte.

Noch liegen die Krokodile schläfrig am Ufer

Während einer Bootstour durch die Flussauen beobachteten wir die einzigartige Tierwelt in den Gewässern. Bunte Kingfisher observierten aufmerksam die Wasserfläche und stürzten hinab, sobald sich ein kleiner Fisch an der Oberfläche zeigte. Eine Etage höher saßen dicke Seeadler in den Bäumen und warteten auf fettere Beute. Einige Krokodile lagen faul in der aufgehenden Sonne, sie schienen noch keinen Appetit auf Frühstück zu haben. An den Felswänden von Ubirr und Anbangbang standen wir fasziniert vor den Zeichnungen der Ureinwohner. Ein Nachfahre von ihnen ist heute Ranger. Er erklärte uns, wie an Hand der Motive auf das Alter der Kunstwerke geschlossen werden kann. So ist die Darstellung eines Tasmanischen Tigers wahrscheinlich über 4000 Jahre alt. Die letzten Spezies dieser Art wurden um diese Zeit von den Dingos verdrängt. Andere Skizzen sind noch älteren Datums und stellen Szenen dar, als das Gebiet von einem flachen Meer bedeckt war. Tief beeindruckt bestiegen wir eine kleine Felsgruppe. Von hier sieht man die Sonne über den Flussniederungen im Kakadu-Nationalpark untergehen – wenn das Spektakel nicht gerade vom Rauch verhangen ist.

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