Von der Dhau ins Flugzeugcockpit

mondäne Hotels

Wir sitzen im Coffee-House von Stonetown, als zwei bekannte Silhouetten vorbeihuschen. Babsi springt auf und wirft den Schatten ein freundliches Hallo hinterher. Es sind Natalie und Theresa, die sich verblüfft umdrehen. Mit den beiden waren wir vor Kurzem im Usambara Gebirge wandern. Bei einem guten tansanischen Kaffee tauschen wir die Neuigkeiten der letzten Woche aus, bevor jeder wieder im Gewusel der historischen Altstadt von Sansibar verschwindet.

Nach einem informativen und erlebnisreichen Tag bringt uns ein Taxi quer über die Insel zur Ostküste. Johan fährt anders als wir: Mit 80 brettert er in der Dämmerung durch die Ortschaften, jeden Speedbumb kennt er auswendig. An Polizeikontrollen ein kurzer Schwatz, und weiter geht die rasante Fahrt. Geschwindigkeitsregelungen interessieren den Chauffeur nicht, Hindernisse werden vehement weggehupt. Etwas angespannt steigen wir aus dem Fahrzeug, als uns Alessandro in seinem Ferienresort herzlich begrüßt. Er und seine Frau sind Italiener. Beide haben die Einrichtung vor einem Jahr übernommen und kümmern sich seither um das Wohl ihrer Gäste.

Endlich wieder Fahrrad fahren. Das letzte Mal hatten wir solche fahrbaren Untersätze vor gut einem Jahr an den Victoria-Fällen benutzt. Der Zustand der Räder und rücksichtslose Autofahrer ließen uns die Gefährte damals schnell wieder abgeben. Heute radeln wir am Strand von Sansibar entlang. Es ist Ebbe und im nassen Sand fährt es sich recht gut. Die Flut rückt jedoch schnell näher, sodass wir für den Rückweg die Straße durch das Dorf wählen. Plötzlich gibt es auf der Holperstrecke einen lauten Knall und Jörg findet sich eine Reifenbreite tiefer im Sand wieder. Das herausgerissene Ventil ist in hohem Bogen davongeflogen. Zum Glück ist ein Servicestützpunkt in der Nähe, sodass die Räder schnell getauscht sind.

Ein ganz dicker Fisch

Tags darauf schweben wir mit Flossen und Schnorchel über das Korallenriff vor Sansibar. Fantastische Formen und Farben tun sich unter der Wasseroberfläche auf. Wir bedauern, die Kamera im Quartier gelassen zu haben. Jörg taucht kurz auf und fragt Jack, den Käpt‘n der Dhau, nach der Uhrzeit. Es sei vier Uhr meint der. Ungläubig starrt Jörg den Mann an und fragt erneut. Ja, es sei vier, beharrt Jack auf seiner Ansage. Wenn dem so wäre, hätten wir vor zwei Stunden in unser Flugzeug zurück nach Tanga einsteigen müssen. Der Irrtum klärt sich schnell auf: In Tansania laufen, zumindest nach Zeitrechnung der Einheimischen, die Uhren etwas anders. Hier beginnt der Tag nicht Null Uhr, sondern zu Sonnenaufgang. Ja, und der war heute 6 Uhr nach unserer Rechnung. Wenn Jack dann meint, es sei vier, hat unser Tag exakt zehn Stunden auf dem Buckel. Leider müssen wir aufbrechen. Schnell sind die Schnorchelutensilien verstaut und das Segel aufgezogen. Jörg darf die Dhau zurück zur Insel steuern. Schnell noch eine Halse und der Wind bläst wieder kräftig in den Stoff. Geschickt steuert Jörg das Boot durch die kleinen Kanäle, die die Flut bereits mit Wasser gefüllt hat. Am Ufer endet die Fahrt im weichen Sand.

Die Verabschiedung von Allessandro und seiner Frau fällt ebenso herzlich wie die Begrüßung aus. Auf dem Rückflug nimmt Graig neben uns Platz. Er ist ein Manager der Fluggesellschaft und fragt, ob Jörg nicht Lust hätte, im Cockpit mitzufliegen. Und ob Jörg Lust hat. Gemütlich richtet er sich am rechten Steuerknüppel ein, vor sich einen großen Flachbildschirm, auf dem alle wichtigen Flugdaten angezeigt werden. Joseph neben ihm hat vier Balken auf den Schulterstücken der Jacke, ist Flugkapitän und erklärt die Instrumente. Viel müsse er nicht tun, das meiste mache der Autopilot, meint der Chef im Cockpit. Sprach‘s und schaltet das nützliche Instrument ab, um eine große Schauerwolke zu umfliegen. Bei der Zwischenlandung auf Pemba muss er nochmal eingreifen: Heftige Seitenwinde schütteln den Flieger ganz schön durch.

Ready for take off.

Unser WoMo steht noch unversehrt dort, wo wir es abgestellt hatten. Es ist mal wieder Stromsperre. Babsi checkt die Lebensmittel im Kühlschrank, lange kann der Strom noch nicht weg sein. Wenig später kommt ein Fahrzeug vom Notfallservice des Energieversorgers. Der Chef der Truppe interessiert sich mehr für unser Auto als für den fehlenden Strom. Unverrichteter Dinge ziehen die Leute wieder ab. Als am Abend in der Nachbarschaft alle Lichter brennen, nur unseres nicht, wird Jörg stutzig. Gemeinsam mit einigen Mitarbeitern der Einrichtung tastet er sich über die Sicherungen zum hochmodernen Stromzähler vor. Dort steht alles auf null. Die Angestellten können zwar kein Englisch, wissen aber was zu tun ist. Eiligst verschwindet der Wachmann auf seinem Fahrrad mit einer Prepaid – Karte und einer größeren Summe Bargeld. Die Mädchen von der Rezeption murmeln immer wieder „Sorry for this“ – Worte, die wir in den letzten Wochen sehr oft gehört haben. Nach einer Stunde kommt der Wächter zurück, tippt einen Zahlencode in den Zähler, und… das Licht geht an. Liebe Energieversorger daheim: solltet Ihr zu viele Außenstände haben, in Tansania könnt Ihr noch etwas lernen. Wir wissen jetzt, wie es funktioniert.

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